Grünes Licht für Neuwahl in Graz

Der Grazer Gemeinderat hat sich am Donnerstag in einer Sondersitzung aufgelöst und damit den Weg für Neuwahlen Anfang 2017 geebnet. Wahltermin ist wie schon länger kolportiert der 5. Februar.

Der Grazer Gemeinderat

Die ÖVP hielt zuletzt 17 Mandate, die KPÖ zehn, SPÖ und FPÖ jeweils sieben, die Grünen sechs und die Piraten eines.

Der Antrag auf Selbstauflösung des Grazer Gemeinderates wurde zwar von ÖVP und SPÖ eingebracht, erfolgte aber gewissermaßen zwangsweise, denn man konnte sich nicht auf ein gemeinsames Budget einigen - mehr dazu in KPÖ stimmt Budget nicht zu: Graz vor Neuwahlen (19.10.2016). Auch ist die Selbstauflösung ein Novum: Sie wurde zum ersten Mal seit Bestehen der Zweiten Republik beschlossen und mehrheitlich angenommen - lediglich die FPÖ stimmte der Auflösung nicht zu.

Nagl: „Wasserkraft statt Atomkraft“

Vor der Abstimmung gab es gegenseitige Schuldzuweisungen. Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) betonte, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten, in denen er mitgestalten durfte, vieles gelungen sei: „Oft ist es nötig, politisch nicht auf seinem Standpunkt zu bleiben“, meinte Nagl in Richtung KPÖ und kritisierte, dass von sechs Fraktionen im Gemeinderat „gleich vier sagen, sie verhandeln nicht“ über das Budget. Bezüglich Murkraftwerk führte er das Atomkraftwerk Krsko in Slowenien ins Treffen: „Bei einem Zwischenfall haben wir keine 30 Minuten Zeit, bis die Radioaktivität bei uns ist. Daher will ich statt Atomkraft die Wasserkraft nützen.“

SPÖ schob KPÖ die Schuld zu

SPÖ-Gemeinderat Gerald Haßler schob den schwarzen Peter der KPÖ zu: „Sie hat ‚Njet‘ gesagt und das nach konstruktiven Gesprächen über das Budget, in denen schon Vieles ausverhandelt war.“ Die Zusammenarbeit mit der KPÖ in den vergangenen Jahren sei nur eine „Eintagsfliege“ gewesen. Das sei eine unverantwortliche Politik, und nun würde die KPÖ wieder „ins kuschelige Oppositionsnesterl flüchten“.

KPÖ: „Kuscheln tu ich woanders“

Ina Bergmann, Gemeinderätin der KPÖ, entgegnete: „Kuscheln tu ich woanders, nicht hier im Gemeinderat.“ Sie wies das Sündenbock-Image der Kommunisten zurück. Schon die FPÖ habe 2014 „kalte Füße“ bekommen und wollte Nagl zu Neuwahlen zwingen - damals sei die KPÖ eingesprungen und habe ein Budget mitbeschlossen, rief sie in Erinnerung.

FPÖ: Nagl „geknickter Ehepartner“

FPÖ-Vertreter Armin Sippel meinte, dass sich Nagl als „geknickter Ehepartner“ gebe: „Aber wenn ihm drei Partner in vier Jahren weglaufen, muss man wohl eher ihn zur Paartherapie schicken.“ Die ÖVP habe Handschlagqualität vermissen lassen.

Grüne: „Rasche Neuwahlen gut“

Gerhard Wohlfahrt von den Grünen brachte ebenfalls die schwierigen Beziehungen des Bürgermeisters aufs Tapet: „Er hatte mit allen Fraktionen in den vergangenen Jahren Koalitionen oder Zusammenarbeit, aber mit keiner ist er am Ziel angekommen.“ Er finde rasche Neuwahlen gut, Politik solle wieder gestalten und nicht verwalten, so Wohlfahrt.

Grazer Gemeinderat

APA/Erwin Scheriau

Budget-Provisorium beschlossen

Unmittelbar danach brachte der scheidende Finanzstadtrat Gerhard Rüsch (ÖVP) ein Budget-Provisorium ein - mehr dazu in Budget-Provisorium bringt Graz in Finanznot (11.11.2016). Es wird 505,5 Mio. Euro betragen, also die Hälfte des Haushalts von 2016. Zustimmung kam von der SPÖ, der KPÖ und von den Grünen.

Der KPÖ hatte Nagl - um wenigstens die Zustimmung für das halbe Budget zu bekommen - eine Brücke geschlagen: Erstens ist im Provisorium der Speicherkanal nicht enthalten - an diesem als Begleitwerk für das Murkraftwerk hatte sich das Scheitern der Budgetgespräche im Oktober abgeleitet; die Gelder für den Kanal brauche man erst im zweiten Halbjahr 2017, meinte Nagl im Vorfeld. Zweitens wurde ein Stopp der automatischen Anhebung der Gebühren für Kanal, Wasser und Müllabfuhr um 0,8 Prozent ins Provisorium genommen - dieser gilt als Wunsch der KPÖ.

Neben der KPÖ stimmten die Grünen etwas überraschend dem Provisorium zu, da es sich um eine „Fortschreibung der Eckwerte mit kleinen Korrekturen“ handle; das sei sinnvoll, vor allem für Vereine. Sowohl die FPÖ-Mandatare als auch Pirat Philip Pacanda hatten dem Provisorium nicht zugestimmt: Während die einen eine „freiheitliche Handschrift“ darin vermissten, war das vorgelegte Zahlenwerk für den anderen „intransparent“.

Abschied von Rüsch und Rücker

Für Rüsch war es nach 15 Jahren als Stadtrat und knapp neun Jahren Finanzverantwortlichkeit seine letzte Budgetrede - er wird in der kommenden Legislaturperiode nicht mehr dem Stadtrat angehören. Zum Abschied meinte er noch, dass bei jeder Budgetrede seine Ehefrau auf der Tribüne zugeschaut hatte - diesmal sei sie aber nicht da: „Provisorien sind nicht so ihre Sache“, bemerkte er abschließend.

Auch die frühere Vizebürgermeisterin und zuletzt als Kulturstadträtin aktive Grüne Lisa Rücker nahm Abschied: „Ich war gerne Teil des Gemeinderats und der Stadtregierung“, sagte sie mit Tränen in den Augen. Bei den kommenden Neuwahlen Anfang 2017 wird Tina Wirnsberger für die Grünen ins Rennen gehen.

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