Hofburg-Wahl: FH ortet Besonderheiten

Zum vorläufigen Ergebnis der Hofburg-Wahl hat Heinz Wassermann von der Grazer Fachhochschule Joanneum weitere statistische Auswertungen vorgenommen. Dabei stieß er auf eindeutige Effekte wie unerwartete Zusammenhänge.

Der unabhängige Kandidat Alexander Van der Bellen wurde mit 53,79 Prozent der Stimmen zum neuen Bundespräsidenten gewählt - so das vorläufige Endergebnis der Hofburgwahl vom 4. Dezember. In der Steiermark lag dagegen Norbert Hofer (FPÖ) mit 52,74 Prozent der Stimmen vorne - mehr dazu in „Österreich hat einen Präsidenten“ (news.ORF.at).

Steiermark: Erneut Hofers drittbestes Länderergebnis

Im Vergleich zur vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl vom 22. Mai verlor er jedoch 3,48 Prozentpunkte: „Wie schon bei der ersten Stichwahl lieferte die Steiermark aus freiheitlicher Sicht das drittbeste Länderergebnis - allerdings mit dem Unterschied, dass es im Mai in fünf von neuen Bundesländern eine blaue Mehrheit gab“, analysiert Heinz Wassermann von der FH Joanneum.

Wie schon im Mai habe Hofer mit 66,71 Prozent im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld das beste und in Graz mit 32,96 Prozent das schwächste Bezirksergebnis erreicht, wie der Experte erklärt: „Während im oststeirischen Bezirk das Wahlergebnis nahezu unverändert blieb, bedeutet es für die Landeshauptstadt ein Minus von 2,6 Prozentpunkten.“

Die Flüchtlingsdebatte und die Wahl

Seit dem Vorjahr wird ein Gutteil der innenpolitischen Diskussionen vom Thema „Flüchtlinge“ dominiert. Daher untersuchte der Hauptberuflich Lehrende des Instituts für „Journalismus und Public Relations (PR)“ gemeinsam mit dem Open Data-Aktivisten Peter Grassberger unter anderem, ob sich die Anzahl der Asylwerber auf das Wahlverhalten in den jeweiligen Gemeinden und Bezirken ausgewirkt hat.

Das Ergebnis: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl von Flüchtlingen und dem Wahlverhalten - weder in Richtung Van der Bellen noch in Richtung Hofer. Das bedeutet: Die Anzahl der Flüchtlinge - oder die schiere Existenz von Flüchtlingen in Gemeinden - spielt für das Wahlergebnis keine Rolle“, so Wassermann.

„Ganz eindeutige Effekte“

Ganz anders hingegen sei es mit der Bevölkerungsentwicklung - somit dominierte Wahlsieger Van der Bellen vor allem in jenen Regionen, in denen die Bevölkerungsanzahl in den letzten fünf Jahren gestiegen und es zu mehr Zuwanderung gekommen war: „Da haben wir ganz eindeutige Effekte. Bezirke mit einem Zuwanderungsplus bzw. mit einem Plus an dort lebenden Menschen wählen wesentlich stärker Van der Bellen als Hofer. Bezirke, die mit Abwanderung konfrontiert sind, wählen wesentlich stärker Hofer als Van der Bellen“, so der Experte.

Für ihn mag das „mit dem zu tun haben, was in der Fachterminologie mit ‚die Benachteiligten‘, die ‚Abgehängten‘ bezeichnet wird: Wenn die Bevölkerung in einem Bezirk abnimmt, wird vermutlich die Infrastruktur schlechter, werden die Wege länger - das sind wirklich Faktoren, die dann möglicherweise in das Wahlverhalten hineinspielen“.

Unerwartete Zusammenhänge mit Arbeitslosigkeit

Eindeutige - wenn auch vielleicht unvermutete - Zusammenhänge gebe es laut dem Lehrbeauftragten der FH Joanneum auch zwischen den beiden Faktoren Arbeitslosigkeit und Wahlverhalten: „Je höher die Arbeitslosigkeit ist, desto stärker wird links gewählt. Je geringer die Arbeitslosigkeit ist, desto stärker wird rechts gewählt. Das widerspricht eigentlich dem, was häufig behauptet wird - nämlich, dass je höher die Arbeitslosenzahlen sind, desto größer sind die Wahlerfolge von rechten Parteien. Möglicherweise steckt da schon noch der Aspekt der sozialen Sicherheit dahinter, die man eher Linksparteien zurechnet als Rechtsparteien.“

Ein blauer Trend, der sich zuspitzte

Dabei zeigt eine grafische Darstellung der Wahlergebnisse in der Steiermark einen tiefblauen Gürtel, der von Hartberg-Fürstenfeld über die Südoststeiermark und Leibnitz bis hin zu Deutschlandsberg reicht: „Das sind eigentlich ÖVP-Hochburgen. Die rinnen eigentlich seit Jahren - und nicht nur in der Steiermark, sondern in ganz Österreich - ganz massiv in Richtung FPÖ aus“, erklärt Wassermann.

Dieser Umstand liege laut dem Lehrenden „in einer Tradition der letzten Wahlen“. Es sei „ein Trend, der jetzt noch stärker zugespitzt war, weil es eben nur einen Kandidaten Van der Bellen, einen Kandidaten Hofer gegeben hat - und da hat sich die Dynamik dann noch einmal multipliziert“.

„Mehr Wahlberechtigte - mehr VdB-Wähler“

Anhand seiner Analysen deckte der Experte noch weitere Trends und Zusammenhänge auf. Einen gebe es etwa zwischen der Anzahl der Wahlberechtigten in einem Bezirk und dessen Gesamtergebnis: „Wie schon im Mai gilt: Je höher die Anzahl der Wahlberechtigten in einem Bezirk ist, desto besser fällt Van der Bellens Wahlergebnis aus.“

Und, so Wassermann: „Je höher der Anteil an Wahlkartenwählern in einem Bezirk ist, desto schlechter fällt Hofers Gesamtergebnis aus. Dieser Zusammenhang ließ sich auch bei der Stichwahl im Mai nachweisen.“

„Kein Zusammenhang bei Einkommen und Wahl“

Zu Van der Bellens Gunsten sei auch eine höhere Anzahl an nicht österreichischen Staatsbürgern in einem Bezirk. Übrigens: „Je größer der prozentuelle Unterschied zwischen der Anzahl an Frauen und der Anzahl an Männern in einem Bezirk ist, desto schlechter fällt Van der Bellens Wahlergebnis aus“, stellt Wassermann fest. Keinen Zusammenhang sehe er jedoch zwischen Einkommen und Wahlverhalten.

Dafür gebe es Unterschiede zwischen formalen Bildungsabschlüssen und dem Gesamtergebnis: Unter Personen mit einem Lehr- bzw. einem Abschluss einer Berufsbildenden Mittleren Schule schneide Hofer weitaus besser ab als Van der Bellen. Bei Personen mit Matura bzw. einem abgeschlossenen Studium sei es genau umgekehrt.

Wirtschaftssektor als Wahlimpuls

Besonders massiv seien die Wahlpräferenzen in Zusammenhang mit dem Wirtschaftssektor, in dem die Menschen beschäftigt sind, wie Wassermann erklärt: „Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft - aber auch in Industrie und Gewerbe - wählen massiv stärker Hofer. Unter Beschäftigten im Dienstleistungsbereich liegt Van der Bellen eindeutig vor Hofer, allerdings ist der Unterschied nicht so krass.“

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