Graz hat gewählt: Nagl-Triumph, SPÖ-Debakel

Das Endergebnis der Grazer Gemeinderatswahl steht fest: Nach Auszählung der Briefwahlstimmen verliert die SPÖ ihren Stadtsenatssitz - dieser geht an die KPÖ, die jetzt zwei Sitze hat. An der Spitze bleibt die ÖVP vor KPÖ und FPÖ.

steiermark.ORF.at hat am Wahltag in Form eines Livetickers aus dem Grazer Rathaus berichtet: Der Liveticker zum Nachlesen.

Laut dem amtlichen Endergebnis (mit Briefwahlstimmen) kommt die ÖVP auf 37,8 Prozent, die KPÖ auf 20,3 Prozent, die FPÖ auf 15,9 Prozent. Die SPÖ verliert stark und erreicht nur mehr 10,1 Prozent, die Grünen haben ebenfalls ein Minus zu verzeichnen und kommen auf 10,5 Prozent. NEOS kommt auf 3,9 Prozent und zieht damit in den Gemeinderat ein, während die Piraten mit 1,1 Prozent rausfallen - mehr dazu in Zahlen, Daten, Fakten - die Ergebnisse im Detail.

Graz-Wahl Ergebnis inklusive Briefwahlstimmen

ORF

Die Grazer Wahlsprengel haben so gewählt:

Und so sieht das Wahlergebnis nach Bezirken aus:

In Mandaten bedeutet das derzeit:

  • SPÖ: 5 (-2)
  • ÖVP: 19 (+2)
  • FPÖ: 8 (+1)
  • Grüne: 5 (-1)
  • KPÖ: 10 (+/-0)
  • Piraten: 0 (-1)
  • NEOS: 1 (+1)

Mandat für NEOS, zwei Regierungssitze für KPÖ

Für die SPÖ bringt das Endergebnis eine bittere Pille: Die Partei konnte ihren Stadtsenatssitz nicht halten und fliegt aus der Regierung - der Sitz geht an die KPÖ, die nun bei zwei Sitzen hält. Die ÖVP bleibt bei ihren drei Sitzen, die FPÖ bei einem, ebenso wie die Grünen.

Nichts verändert haben die Briefwahlstimmen bei den Mandaten: Die FPÖ bekommt acht, die NEOS eines. Die ÖVP wird mit 19 Sitzen im Gemeinderat vertreten sein, die KPÖ mit zehn, Grüne und SPÖ mit jeweils fünf.

Nach dem Verlust des Stadtsenatssitzes stellte SPÖ-Klubobmann Gerald Hassler sein Amt Michael Ehmann zur Verfügung - ohne Regierungssitz ist das die einzige verbliebene Spitzenfunktion der Sozialdemokraten. Ehmann will für das Amt kandidieren – mehr dazu in Graz-Wahl: Ehmann soll SPÖ-Klubobmann werden.

Schwierige Koalitionsverhandlungen

Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hat bei der Auswahl seiner Koalitionspartner für die künftige Regierung - will er keine Dreierkoalition - keine allzu große Auswahl, denn im Gemeinderat hat die ÖVP nur mit der KPÖ und der FPÖ eine Mehrheit, und die KPÖ schloss Nagl selbst wiederholt aus - mehr dazu in Nur zwei Optionen (ORF.at).

KPÖ will Wohnungsamt halten

Für die KPÖ ist nach Bekanntwerden des Endergebnisses klar, dass die neue Konstellation der Mehrheitsverhältnisse im Rathaus „eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ sehr wahrscheinlich“ mache. Eine Zusammenarbeit mit der KPÖ habe Bürgermeister Nagl dezidiert ausgeschlossen, so Elke Kahr, trotzdem bleibe die KPÖ offen und werde ihre Vorschläge mit in künftige Verhandlungen nehmen.

Bis Anfang nächster Woche soll die Entscheidung fallen, wer noch für die KPÖ in den Stadtsenat einzieht: „Uns ist wichtig, dass wir das Wohnungsamt auf jeden Fall behalten wollen. Darüberhinaus gibt es viele Ressorts, die wichtig und notwendig sind. Das braucht interne Gespräche, weil Ressorts müssen auch unbedingt zur Person passen. Wer immer der zweite Stadtrat oder die zweite Stadträtin sein wird, wird genauso verantwortungsvoll und behutsam mit diesen anvertrauen Ressorts umgehen“, so Elke Kahr über die Besetzung des zweiten Stadtsenat-Sitzes.

Schwarz-Blau oder Schwarz-Rot-Grün?

Die bisher immer treue Partnerin SPÖ ist Nagl mit ihrem kräftigen Verlust als Partnerin weggebrochen: Die Sozialdemokraten verloren zwei ihrer sieben Mandate, also kommt man zusammen nur mehr auf 24. Auch eine Wiederauflage der (2012 zerbrochenen) Zusammenarbeit mit den Grünen kommt nicht infrage, haben diese doch ebenfalls nur mehr fünf Gemeinderatssitze. Nur die Dreierkoalition ÖVP-Grüne-SPÖ hätte eine satte Mehrheit - eine Variante, die Nagl nicht ausschließt - mehr dazu in Graz-Wahl: Nagl sucht nach Koalitionsvarianten.

Nagl hält eine Koalition mit SPÖ und Grünen für möglich, und er will Elke Kahr nicht zur Vizebürgermeisterin wählen - so der Grazer Bürgermeister im „ZiB 2“-Interview.

Überregionale Signalwirkung

Nagls Entscheidung hat überregionale Bedeutung: In Zeiten sich verschiebender Mehrheiten bei Wahlen und immer wieder hochkochenden Neuwahldebatten hätte sowohl eine stabile schwarz-blaue Stadtregierung als auch eine stabile Dreierkoalition Signalwirkung - und eine scheiternde Zusammenarbeit mit der FPÖ genau so, ebenso wie der Bruch einer Dreierkoalition.

Zwischen Freude und Enttäuschung

Während die Freude bei den Gewinnern - allen voran Bürgermeister Nagl - groß ist, hätten sich vor allem die Spitzenkandidaten von FPÖ, SPÖ und Grünen mehr erwartet - mehr dazu in Die Reaktionen der Spitzenkandidaten. Ähnlich auch die Reaktionen bei den Landes- und den Bundesparteien - mehr dazu in Die Reaktionen der Landesspitzen und in Die Reaktionen der Bundesparteien.

Links: