Pro und Contra zu „General-Landtag“

Der Vorschlag von Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ), einen „General-Landtag“ einzuführen, stößt rundum auf Widerstand. Unter Politik- und Föderalismus-Experten gibt es viele Gegner, aber auch Befürworter.

„General-Landtag“ statt Bundesrat, lautet in kurzen Worten die Idee des steirischen SPÖ-Chefs Michael Schickhofer (SPÖ), dadurch sollen Gesetze vereinheitlicht und Kosten gespart werden. Trotzdem wird die Idee in politischen Kreisen weitgehend abgelehnt wird - mehr dazu in Schickhofer: „General-Landtag“ statt Bundesrat (5.5.2017).

Peter Filzmaier

ORF

Laut Filzmaier dauere die Umsetzung zu lange

Erst in „Jahrzehnten realistisch“

Politologe Peter Filzmaier hält die Idee für nicht ganz schlecht, aber auch nicht für besonders gut. Dazu komme, dass die Umsetzung viel Zeit in Anspruch nehmen würde: „Es gibt pro und contra Argumente: Die Bundesländer stärken oder - das wäre das Gegenargument - einzelne Bundesländer könnten geschwächt werden. Aber was die Umsetzungschancen betrifft, darf man das nicht in Monaten oder Jahren messen, sondern das wäre wohl in Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten realistisch.“

Institut für Föderalismus: „Mehr Bürokratie“

Kritik kommt auch vom Institut für Föderalismus in Innsbruck, denn ein „General-Landtag“ könnte - ähnlich wie Bundesgesetze - sogar zu mehr Bürokratie führen, so Direktor Peter Bußjäger: „Wir stöhnen immer über die Bürokratie, die wird in erster Linie durch bundesrechtliche Vorschriften verursacht. Gerade auch deswegen, weil der Bund eben nicht auf die unterschiedlichen Verhältnisse eingehen kann.“ So würden die Landesgesetze derzeit eben auf diese „unterschiedlichen Verhältnisse“ in den Ländern angepasst, so Bußjäger.

Geldfrage in Demokratie nachrangig

Laut Schickhofer ebenfalls ein Argument für einen „General-Landtag“: eine Kostenreduktion für die Wirtschaft in Milliardenhöhe. Hier stellt Peter Filzmaier die politische Sinnhaftigkeit allerdings über die Kostenfrage. „Es mögen Kosten wegfallen, vielleicht entstehen anderswo neue. Letztlich aber - auch wenn das unpopulär ist - muss man aus politikwissenschaftlicher Sicht sagen, die Geldfrage darf bei Demokratie erst das Letzte sein. Denn was demokratiepolitisch sinnvoll ist, muss wohl an erster Stelle stehen.“

Fiedler: Bündelung „grundvernünftig“

Als Befürworter von Schickhofers Vorschlag outet sich in der Tageszeitung „Kurier“ dagegen Franz Fiedler, der frühere Chef des Rechnungshofes und Vorsitzende des Österreich-Konvents, der immerhin schon einmal versucht hat, die Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu entwirren.

Fiedler sagt: „Ich bedauere, dass die Diskussion so eine Richtung genommen hat. Der Vorschlag, die Gesetzgebung für Schulen, Gesundheit und Umweltschutz an einer Stelle zu bündeln, ist grundvernünftig.“

„Wille aller Parteien“ nötig

Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich Christoph Leitl begrüßt zumindest, dass auf Anregung von Schickhofer wieder über eine Verfassungs- und Verwaltungsreform diskutiert wird, „weil er damit wieder eine politische Debatte anstößt, wie die seit Jahren offenen Fragen einer modernen Verfassungs- und Verwaltungsreform gelöst werden könnten.“ Leitl glaubt allerdings, dass es den konstruktiven Willen aller Parteien und nicht nur individuelle Vorstöße brauche, um einen nachhaltigen Reformprozess zu starten und klare Kompetenzbereiche für Bund und Länder zu schaffen.

Ähnlich wie Leitl sieht den Vorstoß auch der Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, Georg Knill, nämlich als „guten Anstoß" für eine Wiederaufnahme der Föderalismusdiskussion: „Die Kosten für die Hoheitsverwaltung in Österreich liegen um 50 Prozent höher als im EU-Durchschnitt. Mit den entsprechenden Maßnahmen könnten wir ein Einsparungspotenzial von einem Prozent des BIP hebeln“, sagte Knill. Auch er aber hob hervor, dass es dafür „ein Commitment über Landes- und Parteigrenzen hinweg“ brauche.

„Über Föderalismus nachdenken“

Der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Rudolf Kaske, kann den jüngsten Reform-Vorschlägen Schickhofers ebenfalls etwas abgewinnen: „Es würde uns gut anstehen, über den Föderalismus nachzudenken“, meinte er mit Blick auf die Größe Österreichs.

„Diskussion ohne Scheuklapppen“

Positive Signale aus den politischen Reihen für den Vorschlag eines „General-Landtags“ kommen unter anderem auch von Infrastrukturminister Jörg Leichtfried: Die aktuelle Debatte über einen modernen Föderalismus und damit verbundenen Bürokratieabbau sehe er „durchwegs positiv“, weshalb er sich für eine „sachliche Diskussion ohne Scheuklappen“ ausspreche.

Sehr wahrscheinlich dürfte die Forderung von Schickhofer aber dennoch ins Leere gehen, zumal es für ihre Umsetzung nicht nur eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat, sondern auch eine Volksabstimmung brauche.