NS-Luftschutzgang bei Bauarbeiten entdeckt

Bei den Bauarbeiten für ein Jugendzentrum in Graz sind Arbeiter auf ein zeitgeschichtliches Relikt gestoßen: Sie entdeckten einen gut erhaltenen Luftschutzgang des einstigen Zwangsarbeitslagers Liebenau.

Das Lager Liebenau im Süden von Graz war in der NS-Zeit das größte Zwangsarbeiterlager im Grazer Stadtgebiet mit bis zu 5.000 dort untergebrachten Personen; der Komplex war zudem eine Station der ungarischen Juden auf den Todesmärschen vom „Südostwallbau“ im Grenzraum zu Ungarn - mindestens 35 von ihnen wurden dort erschossen. Nach dem Krieg befand sich auf dem Gelände ein Flüchtlingslager. Heute ist das Areal zum größten Teil verbaut.

NS-Relikte

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Funde von baulichen Strukturen im Umfeld der Baustelle des Murkraftwerkes versetzten schon Anfang März Zeithistoriker in Beunruhigung - mehr dazu in Historiker fordern Baupause bei Murkraftwerk (9.3.2017). Beim Bau des geplanten Jugendzentrums Grünanger war daher von Anfang an ein Archäologenteam der Argis (Archäologie Service GmbH) mit dabei.

„Im Gesamtkontext eine Besonderheit“

Nun entdeckten sie im südlichen Teil des Grundstückes auf einer Länge von etwa 30 Metern einen sehr gut erhaltenen betonierten Deckungsgang mit Belüftungsschächten, Schlitzen mit den Rahmen der ehemaligen Luftschutztüren bis hin zu den Wandhalterungen für Kerzen zur Beleuchtung: „Dieser Gang ist im Gesamtkontext eine Besonderheit“, hielt Archäologe Gerald Fuchs fest.

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Weiters stießen die Experten noch auf ein betoniertes Becken im Nordostteil der Baustelle - die Experten gehen davon aus, dass es sich um einen Fettabscheider handelt, wie er im Abwassersystem für Lagerküchen vorgesehen war.

Unter Denkmalschutz gestellt

Die Funde wurden provisorisch unter Denkmalschutz gestellt, der endgültige Bescheid werde dieser Tage erwartet. „Denkmalschutz heißt aber nicht, dass hier nicht gebaut werden darf, sondern, dass Relevantes erhalten bleibt und gut gesichert wird“, betonte Bernhard Hebert, der für Archäologie zuständige Leiter im Bundesdenkmalamt Steiermark. Vorerst wurde mit einer Bauverzögerung von „ein paar Wochen“ gerechnet; die Architektin des Bauprojektes sei bereits mit der Umplanung der Kanalisierung bzw. der Verlegung für die Fernwärme beschäftigt.