Forscher entwickeln Leitfaden für Unterzuckerung

Die Unterzuckerung ist für Diabetiker eine latente Gefahr - gleichzeitig ist sie aber von Betroffenen oft schwer wahrzunehmen. Grazer Forscher wollen nun eine einheitliche Leitlinie für die Unterzucker-Messung erarbeiten.

Unterzuckerungen sind die häufigste Ursache im Zusammenhang mit Diabetes-Notfällen. Die Med-Uni Graz ist Teil eines EU-Forschungsprojekts, das die Belastung und Folgen der Hypoglykämie klären und lindern will.

Herausforderung: Hypoglykämie

Um der Unter- oder Überzuckerung (Hypo- und Hyperglykämie) entgegenzuwirken, müssen Diabetiker regelmäßig ihren Zuckerspiegel messen sowie berechnen, wie viel Insulin beziehungsweise Medikamente sie ihrem Körper verabreichen müssen - der Blutzuckerspiegel muss somit künstlich auf einem optimalen Niveau gehalten werden.

Eine akute Unterzuckerung kann gleichermaßen durch eine Überdosis an Insulin, als auch durch zu wenig Nahrung, durch Alkohol oder einer falsch eingeschätzten körperlichen Aktivität ausgelöst werden. Die rechtzeitige Wahrnehmung einer Hypoglykämie stelle daher für Betroffene eine große Herausforderung dar, so Julia Mader von der klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie der Med-Uni Graz. Zusätzlich gebe es im medizinischen Bereich keine definierte Grenze, ab der man von einer Unterzuckerung spricht.

Kind bekommt Insulin

dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Forschungsprojekt „Hypo-RESOLVE“

Das Gesamtprojekt „Hypo-RESOLVE“ widmet sich nun der Klassifikation von Hypoglykämie. Diese soll aufgrund von klassisch validen Daten, die auf rund 150 kürzlich durchgeführten klinischen Studien basieren, aufgestellt werden. Mader zufolge seien 23 internationale Partner aus der Forschung und Industrie an diesem Projekt beteiligt. Das Ziel von „Hypo-RESOLVE“ sei eine einheitliche Definition von Hypoglykämie, um diese und ihre Folgen besser vorherzusagen sowie abschätzen zu können. Diese Daten können auch hilfreich für weitere Forschungen im Bereich der glukosesenkenden Therapiemöglichkeiten sein.

Weltweit wird bereits an CGM-Systemen geforscht - diese Systeme ermöglichen die kontinuierliche Blutzuckermessung. Dabei wird ein winziger Sensor unter der Haut eingebracht, der Blutglukosewert wird nicht-invasiv gemessen und über einen Sender mehrmals pro Tag an den Empfänger versendet.

Erarbeitung von einheitlicher Leitlinie

Diese durch CGM-ermittelten niedrigen Glucosewerte werden im Rahmen des Projekts „Hypo-RESOLVE“ von der Arbeitsgruppe von Thomas Pieber an der Med-Uni Graz analysiert. Auch die Gegenüberstellung der Ergebnisse von nicht-invasiven, kontinuierlichen CGM-Messungen und „blutigen“ Messungen ist geplant. Die im Projekt erarbeiteten Kriterien sollen in einer einheitlichen Leitlinie zusammengefasst werden, die den Umgang mit niedrigen Blutglukosewerten bei klinischen Studien regelt. Auch die ökonomischen Auswirkungen der Hypoglykämie, wie etwa Krankenhausaufenthalte, Verletzungsgefahren oder Arbeitsausfälle sollen berechnet und erhoben werden.

Förderung von 26,8 Millionen Euro

Das Forschungsprojekt wird über die „Innovative Medicines Initiative (IMI)“ - eine Public-private-Partnership der Europäischen Kommission - und der Europäischen Vereinigung von pharmazeutischen Industrien und Verbänden mit 26,8 Millionen Euro gefördert. Der Grazer Anteil des Projektvolumens beträgt 800.000 Euro.

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