Erneute Unwettereinsätze in der Steiermark

Umfangreiche Aufräumarbeiten haben am Mittwoch nach den schweren Unwettern in der Steiermark begonnen. Am Abend starteten bereits die nächsten aktuellen Unwettereinsätze; Piberegg wurde zum Katastrophengebiet erklärt.

Laut Feuerwehrsprecher Thomas Meier wurden neben den Aufräumarbeiten nach dem Unwetter vom Dienstag auch am Mittwoch wieder zahlreiche Feuerwehren zum nächsten aktuellen Unwettereinsatz gerufen: Erneut traten am Abend Bäche über die Ufer, Keller und Straßen wurden überschwemmt - etwa in Ligist in der Weststeiermark, nördlich von Graz in Gratkorn, und Semriach, wo ein Baum auf die Straße stürzte.

Die nächsten Unwettereinsätze starteten auch in Stattegg bei Graz, im Bezirk Weiz rund um Passail, im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld etwa rund um Schäffern, aber auch in Bruck an der Mur, Kapfenberg, Knittelfeld oder in Mariazell sorgten Starkregen, Sturm und auch Hagel für Schäden und zahlreiche Einsätze.

200 Notrufe innerhalb von zwei Stunden

Auch die Gewitterfront am Dienstag war schnell aufgezogen, doch nach wenigen Minuten wieder vorbei - dennoch wurden in Graz Windspitzen von bis zu 140 km/h gemessen. Bei der Grazer Berufsfeuerwehr gingen daher binnen zwei Stunden über 200 Notrufe ein: „Der Sturm hat dazu geführt, dass Dächer abgetragen wurden, dass Bäume geknickt sind, dass der Verkehr lahmgelegt wurde“, sagt der Branddirektor der Grazer Berufsfeuerwehr, Klaus Baumgartner. Wehren aus dem Bezirk Graz-Umgebung kamen den Kollegen in der Landeshauptstadt zu Hilfe.

Stadtpark übers Wochenende gesperrt

„Im Stadtpark hat der Wind mehrere Angriffsflächen gefunden und gepaart mit den vielen Niederschlägen der letzten vier bis fünf Wochen einen sehr aufgeweichten und gesättigten Boden getroffen - und hat uns hier vor allem Flachwurzler zur Gänze umgerissen“, schildert Martin Nigitz von der Abteilung Grünraum der Stadt Graz.

So fiel im Stadtpark ein Baum auf einen Passanten - für den 26-jährigen Rumänen kam jede Hilfe zu spät. Er hatte sich mit Freunden, wie es heißt, „zum Zeitvertreib“ im Stadtpark aufgehalten. Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) veranlasste daraufhin noch am Abend eine behördliche Sperre des Stadtparks sowie des Schloßberg-Areals.

Mehr als 400 Mitarbeiter der Stadt waren während der ersten Aufräumarbeiten im Einsatz - mindestens 1.000 Bäume dürften beschädigt worden sein, sagt Nigitz: „Wir sind aktuell dabei, die gesamte Lage im Schadensausmaß zu erfassen und gleichzeitig mit den Aufräumarbeiten unter Zuhilfenahme aller externer Dienstleister zu beginnen - aber so wie es aussieht, wird der Park sicher noch über das Wochenende gesperrt bleiben müssen.“

Lebensgefahr in Wäldern und Parks

Überhaupt seien Wälder und Parkanlagen vorerst zu meiden, es bestehe Lebensgefahr, heißt es aus dem Katastrophenschutzreferat; auch die Schloßbergbahn musste von der Feuerwehr evakuiert werden. Mittlerweile wurde die Bahn wieder in Betrieb genommen - sie bleibt aber vorerst der einzige Weg auf den Schloßberg, da der Lift, die Stiege und die Fußwege vorerst gesperrt bleiben. Geöffnet werden damit die Kasematten, das Plateau sowie die Querung über die Liesl.

Unwetter in Graz

APA/Ingrid Kornberger

Das Dach eines Sanitärgeschäfts am Schönaugürtel landete teilweise im Vorgarten eines Wohnhauses. In der Gallmeyergasse riss der starke Wind die Dacheindeckung eines Hauses sowie Teile des Dachstuhls herunter - dadurch rann das Wasser in die Wohnungen, außerdem gefährdeten herbfallende Deckenteile die Bewohner, die aber unverletzt blieben. Das Mehrparteienhaus musste geräumt werden. Am Eggenbergergürtel krachten zwei Gartentische vom Dach eines Hauses auf einen Pkw. Die Windschutzscheibe und das Autodach wurden demoliert, der 22-jährige Lenker blieb unverletzt.

Öffentlicher Verkehr stillgelegt

Im Bezirk Jakomini fegte der Sturm mehrere Bäume um, die Beleuchtungsleitungen mit sich rissen. Mindestens 1.000 Bäume dürften in Graz beschädigt oder entwurzelt worden sein. Im öffentlichen Verkehr kam es zu massiven Verspätungen: Die Straßenbahnlinien 4 und 5 waren wegen umgefallener Bäume um bis zu 30 Minuten verspätet - die Äste hatten Oberleitungen getroffen. In weiterer Folge wurde das öffentliche Verkehrsnetz in Graz kurzfristig stillgelegt.

Bis zu 14.000 Haushalte ohne Strom

Die Energie Steiermark spricht von schweren Schäden an Stromleitungen vor allem südlich von Mur und Mürz, im Großraum Graz und im Bezirk Weiz: Rund 500 Trafostationen waren vorübergehend abgeschaltet oder ausgefallen. Sprecher Urs Harnik-Lauris zufolge hatten zeitweise rund 14.000 Haushalte keinen Strom.

Die Energie Steiermark hat ihr Mannschaft für Reparaturen aufgestockt, denn weitere prognostizierte Unwetter Mittwochabend könnten bereits angeknackste Bäume und Äste zu Fall bringen. Viele der kaputten Stromleitungen können vorerst nur provisorisch instand gesetzt werden; die tatsächlichen Reparaturarbeiten am Netz dürften noch Tage oder Wochen dauern. Am Mittwochabend waren noch 200 Haushalte im Raum Gaasen/Rettenegg ohne Strom.

Altenberg unter Wasser

In Altenberg an der Rax in der Gemeinde Neuberg an der Mürz (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) führten anhaltende Niederschläge zu Hochwasser: Im Ortszentrum sorgte eine Verklausung für eine Überschwemmung - laut Feuerwehr entschärften Unternehmer mit Baggern die Situation aber rasch und begannen mit den Aufräumarbeiten.

Altenberg an der Rax unter Wasser

APA/BFVMZ/GAMSJÄGER M.

Hochwasser in Altenberg an der Rax

Feuerwehren im Dauereinsatz

Im weststeirischen Deutschlandsberg waren wegen der Starkregenschauer 22 Wehren mit 270 Helfern im Einsatz, um Straßen und Stromleitungen von umgestürzten Bäumen zu befreien - um dem Einsatzaufkommen Herr zu werden, wurde auch die sogenannte „Florianbereitschaft“ alarmiert und das Personal in der Bereichsalarmzentrale aufgestockt.

Es war besonders der nördliche Teil des Bezirks - der Raum Stainz, St. Stefan ob Stainz und Lannach - betroffen, Einsätze gab es aber auch südlich davon im Raum St. Martin und Schwanberg, vorwiegend wegen umgestürzter Bäume, die Straßen blockierten. In Stainz und Lannach drohten auch Bäume auf Häuser zu stürzen, in Lannach wurde ein Hausdach abgedeckt.

Bis zu 230 Wehren im Einsatz

In der Steiermark waren Dienstagabend bis zu 230 Feuerwehren mit über 1.500 Kräften im Einsatz

Der Bezirk Voitsberg wurde vom Unwetter am Dienstag als erstes getroffen, schildert Christian Leitgeb von der Feuerwehr in Voitsberg: „Also das war ein Sturm! In circa 25 Minuten war wieder alles vorbei, aber wir haben massive Schäden an der Infrastruktur, Hauptsächlich ist das Ortsgebiet von Bärnbach und Piberegg getroffen.“

Im Bezirk Voitsberg spricht die Bezirkskammer der Land und Forstwirtschaft von bis zu 15.000 Festmeter Schadholz durch den Sturm, es hat viele Betriebe getroffen, deren Wälder schon durch Sturm Paula vor zehn Jahren zerstört wurden. Straßen waren teilweise nicht mehr passierbar - auch auf dem Zubringer zur A2 musste ein Baum beseitigt werden. In Afling wurde das Dach eines Hauses abgedeckt. Insgesamt standen hier 24 Feuerwehren mit 250 Mann im Einsatz.

Unwetter auch im Bezirk Voitsberg

ABI dV Artur Holawat

Unwetter auch im Bezirk Voitsberg

Nach wie vor sind im Bezirk Voitsberg einige Bäche und Rückhaltebecken verklaust, sagt Katastrophenschutzreferent Michael Schickhofer (SPÖ): „Wir haben jetzt alle Einsatzkräfte zusammengezogen, um die Bäche freizumachen, damit es nicht irgendwo zu einem Stau kommt, und wenn dann die Verklausung durchbricht, wir Überschwemmungen haben. Ich habe dem Bezirkshauptmann gesagt, er hat alles zu tun, um die Sicherheit für die Menschen in der Region zu gewährleisten, und wenn das bedeutet, die Katastrophe auszurufen, dann werde ich die Katastrophe ausrufen.“

Piberegg zum Katastrophengebiet erklärt

Am Nachmittag wurde dann Piberegg in der Gemeinde Bärnbach tatsächlich zum Katastrophengebiet erklärt: Der Freisingbach sei total mit Verklausungen belegt, die sofort entfernt werden mussten, zudem sei ein Gehöft nach dem Unwetter vom Dienstag noch immer nicht erreichbar.

Auch Geologen im Dauereinsatz

Die Feuerwehren im Bezirk Weiz mussten am Abend zu 35 Unwettereinsätzen ausrücken. Besonders betroffen war hier das obere Feistritztal, und da vor allem das Gebiet rund um Strallegg, Birkfeld und Passail. 20 Wehren waren im Einsatz. Im gesamten Bezirk Weiz dürften etwa 15.000 Festmeter Holz durch den Sturm umgeworfen worden sein, schätzt man bei der Bezirkshauptmannschaft. Geologen beurteilen gerade zahlreiche Hänge, die abzurutschen drohen; mehrere Straßen waren durch Muren unpassierbar - so blieb etwa die Volksschule Gasen am Mittwoch geschlossen, weil die Zufahrt nicht möglich war.

Mini-Tornado im Salzkammergut

Im Salzkammergut filmte ein Feuerwehrmann einen kleinen Tornado mit seinem Mobiltelefon. Die Windhose demolierte ein Geländer und habe in der Wiese eine Schneise hinterlassen, teilte das Bereichsfeuerwehrkommando des Bezirks Liezen in einer Aussendung mit.

Ein massiver Holzboden, bestehend aus Kantern und Pfosten, sei auf einer Fläche von etwa 30 Quadratmetern weggerissen worden. Die Trümmer flogen laut Feuerwehr bis zu 100 Meter weit durch die Luft.

Baum stürzte auf Auto

Riesenglück im Unglück hatten während des Unwetters zwei Autoinsassen in St. Marein bei Neumarkt im Bezirk Murau: Ein Baum stürzte auf das Auto eines 62 Jahre alten Mannes - der Lenker und seine Beifahrerin blieben unverletzt.

Heftige Unwetter auch in anderen Teilen Österreichs

Aber nicht nur in der Steiermark, auch in anderen Teilen Österreichs sorgten in der Nacht auf Mittwoch schwere Unwetter für zahlreiche Feuerwehreinsätze. In Niederösterreich wurde ein Bezirk zum Katastrophengebiet erklärt - mehr dazu in Unwetter: Feuerwehren im Dauereinsatz (news.ORF.at)

Unwetter in vielen Landesteilen

Am Dienstag gab es schwere Unwetter, besonders in der Steiermark und in Niederösterreich.

Schwere Schäden in der Landwirtschaft

Die Unwetter vom Dienstag verursachten laut Hagelversicherung österreichweit einen Schaden von rund 1,7 Millionen Euro. „Es herrschte in den betroffenen Gebieten regelrechte Weltuntergangsstimmung“, heißt es in einer Aussendung. Seit mittlerweile rund 14 Tagen komme die Landwirtschaft durch die andauernden Wetterextreme nicht zur Ruhe. „Betroffen sind neben Weinkulturen sämtliche Ackerkulturen und das Grünland.“

Kein Verschnaufen

Es gibt kein Verschnaufen: Zwischen dem Ausseer- und dem Mariazellerland sind bis Donnerstagfrüh wieder große Niederschlagsmengen bis zu 60 Liter pro Quadratmeter zu erwarten. Mit Platzregen und heftigen Gewittern muss man hingegen in den südlichen Landesteilen rechnen, sagt der Meteorologe Albert Sudy von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik.

Link: