Festakt in Schladming zur EU-Vorsitz-Übergabe

Am Samstag hat auf der Schladminger Planai die Übergabe des EU-Ratsvorsitzes an Österreich stattgefunden. Titel: „Servus Europa“. Bundeskanzler Kurz beschwor den Zusammenhalt, Landeshauptmann Schützenhöfer Schutzperspektiven.

Der Vorsitz steht unter dem Motto „Ein Europa, das schützt“.

Österreich übernimmt am Sonntag den EU-Vorsitz für ein halbes Jahr. Es ist das dritte Mal nach 1998 und 2006. Zelebriert wurde dieser Akt in der Steiermark am Samstag - in Schladming, auf der Planai. Hoch hinaus will Österreich mit dem EU-Vorsitz in der zweiten Jahreshälfte 2018, und das soll schon vom ersten Tag an spürbar sein. Der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow übergab am Samstag im Rahmen des großen Festes den Vorsitz an seinen Amtskollegen, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - mehr dazu in Österreich übernimmt EU-Ratsvorsitz auf Planai und in Symbolischer Startschuss für EU-Vorsitz.

Große Themen

Österreich übernimmt mit Sonntag zum dritten Mal für ein halbes Jahr den EU-Ratsvorsitz. Neben den Verhandlungen über den „Brexit“ und das EU-Budget wird auch das brandaktuelle Flüchtlingsthema die EU-Präsidentschaft prägen, fordert doch Kanzler Kurz seit langem eine deutliche Wende in der Asylpolitik.

Kurz, Tusk und Borissow auf der Planai

APA/Barbara Gindl

„Servus Europa“

An der offiziellen Staffelübergabe unter dem Motto „Servus Europa“ am Samstag nahmen nicht nur Kurz und Borissow in Schladming teil, sondern auch EU-Ratspräsident Donald Tusk. Hoch oben auf der Planai fand die symbolische Übergabe statt.

Wolken und Hopsi

Wolken rund um den 1.906 Meter hohen Ski-WM-Berg verdeckten weitgehend die Sicht auf das Ennstal und das Dachstein-Massiv. Maskottchen Hopsi wartete bei rund zehn Grad Celsius auf die Ministerriege von Österreich und Bulgarien sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk.

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ORF Steiermark-Reporterin Brigitte Reisinger berichtet vom Beginn der Festivitäten und hat die Stimmen der Besucher eingefangen ...

Kurz: „Große Verantwortung, große Chance“

Der Tross kam mit etwa 20 Minuten Verspätung gegen 10.05 Uhr auf der Planai an. Sie wurden von Alphorn-Bläsern der Musikschule Schladming sowie einem Musiker mit seiner „Quetschn“ - einer Ziehharmonika - empfangen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) richtete da nur ein paar Worte an die Medien und sagte: „Das ist eine große Verantwortung, aber auch eine große Chance für Europa.“ Danach ging er zusammen mit Tusk und dem bulgarischen Ministerpräsident Bojko Borissow zur Schafalm-Hütte zu einem Arbeitsfrühstück.

Großes Medieninteresse

Mehr als 200 Gäste verfolgten die Ankunft der Minister. Auch das mediale Interesse war groß: Über 130 Medienvertreter waren laut Angaben des Kanzleramts vor Ort, ein Drittel davon aus dem Ausland, darunter auch Journalisten aus Japan. Die meisten von ihnen hatten sich angemessen auf das „Gipfeltreffen“ vorbereitet, trugen Bergschuhe und hatten Softshell-Jacken im Gepäck.

Bundeskanzler Kurz bei der Festansprache

ORF

Kurz beschwor Zusammenhalt

Bundeskanzler Kurz beschwor danach in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Borissow und Tusk auf der Planai den europäischen Zusammenhalt. Österreich wolle „Brückenbauer sein“, um die „Spannungen“ in der EU wieder abzubauen, sagte Kurz. Man sei „stolz und froh“, mit 1. Juli den Ratsvorsitz zu übernehmen, betonte Kurz, es sei eine „große Ehre für uns, aber auch eine große Verantwortung“. Das Umfeld beschrieb Kurz mit dem Hinweis auf Spannungen mit Russland, eine unberechenbare Situation in den USA sowie den Brexit als herausfordernd.

„Europa schaffen, das schützt“

Als „Brückenbauer“ wolle man sicherstellen, dass die Union eine starke sei. Man wolle ein schlankes, geeintes und fokussiertes Europa schaffen. „Wir wollen ein Europa schaffen, das schützt“, bemühte der Kanzler das offizielle Motto. Es gehe darum, Sicherheit zu schaffen und den Wohlstand zu schützen. Erfolgreich sei man nur, wenn es eine gute Zusammenarbeit zwischen allen EU-Staaten und -Institutionen gebe, mahnte Kurz.

Dem stimmte auch Borissow zu - Sicherheit und Schutz könne es nur geben, wenn man zusammenstehe. Der Ministerpräsident sagte Kurz auch jegliche Unterstützung während des EU-Vorsitzes zu, bevor er den österreichischen Kanzler freundschaftlich herzte.

Tusk sieht Österreich als zentralen Brückenbauer

Tusk packte zu Beginn seiner Stellungnahme seine Deutschkenntnisse aus und begrüßte die Medienschar mit: „First of all: Grüß Gott!“ Er wünsche Kurz nur das Beste für die Ratspräsidentschaft, es gebe eine Menge zu tun, und die Herausforderungen könnten nicht in besseren Händen sein, streute er dem Kanzler Rosen. Österreich liege im Herzen Europas und sei ein zentraler Brückenbauer. Kurz werde das richtige Gespür haben, die „Brückenbauer-Präsidentschaft“ zu einem Erfolg für ganz Europa zu machen, gab sich Tusk überzeugt.

Anschließend trugen sich Kurz, Tusk und Borissow in das Gipfelbuch ein. Während Kurz die ausländischen Gäste verabschiedete, trudelten die übrigen Minister und die steirische Spitzenpolitik ein. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) lud zum Empfang.

Hermann Schützenhöfer

ORF

Schützenhöfer: Helfen durch entsprechende Lager

Schützenhöfer sagte auf die Frage, ob das Motto „Ein Europa, das schützt“ das richtige Motto ist: „Wir leben in einer Welt, die ein einziger Krisenherd geworden ist: Daher muss diese Frage im Vordergrund stehen. Sebastian Kurz betreibt das seit Jahren. Und da gibt es einen ersten wirklichen Erfolg beim EU-Gipfel, dass man sich mit den Staaten verständigt, dass man Abkommen macht, dass man die EU-Grenzen schützen möchte, und dass man vor Ort auch hilft durch entsprechende Lager. Denn die Menschen brauchen Perspektive.“ In Brüssel haben die Staats- und Regierungsspitzen der EU in der Nacht auf Freitag eine Einigung erzielt: Die Asylpolitik soll verschärft werden - mehr dazu in „Anlandezentren“: Experten skeptisch.

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Die Politiker haben sich nach dem offizellen Festakt unter die Besucher gemischt und wurden mit einigen Fragen konfrontiert, berichtet ORF-Reporterin Brigitte Reisinger ...

Alt-Bundespräsident Fischer kritisierte Motto

Alt-Bundespräsident Heinz Fischer kritiserte das Motto für den EU-Vorsitz: „Ich hätte mir ehrlich gesagt ein offensiveres, dynamisches, zukunftsorientiertes Motto erhofft, das Offenheit, Optimismus und ein Bekenntnis zum Europagedanken zum Ausdruck bringt“, schrieb Fischer in einem Beitrag für die „Kleine Zeitung“. Er könne sich gut vorstellen, dass man ein Motto gewählt habe, das als Antwort auf ein „von Flüchtlingen bedrohtes Europa“ erscheine und den gedanklichen Weg zum Flüchtlingsthema so kurz wie möglich mache, so der Altbundespräsident.

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Was bedeutet der EU-Ratsvorsitz für Sie und für Österreich? Das hat ORF-Reporter Johann Puntigam auf der Schafalm gefragt ...

5.000 Gäste Beim „Gipfel-Picknick“

Laut den Organisatoren des „Gipfel-Picknicks“ sollen mehr als 5.000 Gäste der Einladung gefolgt und gratis mit der Planai-Bahn auf den Berg gekommen sein. Die Polizei stand mit einem Großaufgebot bereit - mehr dazu in Polizei rüstet sich für EU-Vorsitz-Übergabe.

ORF 2 „Europa LIVE – Das Konzert“: 30. Juni um 21.55 Uhr, die Highlights Sonntag, 1. Juli um 14.00 Uhr.

Die größe Band Europas

Gefeiert wird am Samstagabend mit einem „Europa LIVE“-Konzert im Planai-Stadion. Mit der größten Band Europas wird es ein Programm zum Mitsingen, Mittanzen und Feiern geben. Zahlreiche österreichische Künstler wie die Seer, Opus oder Cesar Sampson werden mit Hunderten Hobby-Musikerinnen und -Musikern sowie Chören gemeinsam musizieren. „Servus Europa!“ heißt es auch im ORF-Radio: Hitradio Ö3 hat für das Konzert 1.000 Musiker und Sänger gesucht, also die größte Band Europas.

Thema am Rande: die Olympiabewerbung

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) nutzte den Besuch des Kanzlers bei dem Empfang für die Übergabe der vergangenen Donnerstag vorgestellten Machbarkeitsstudie für Olympia 2026 in Graz und Partnerregionen. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) war übrigens nicht bei der Staffelübergabe dabei. Ihm will Nagl die Studie am Sonntag beim Formel 1-Grand Prix in Spielberg überreichen - mehr dazu in Olympia-Machbarkeitsstudie: „Graz 2026 möglich“ sowie in Olympia 2026: Skepsis bei steirischen Politikern und in Olympia-Machbarkeit: KPÖ-Dringliche im Landtag.

Wirtschaftskonferenz und Ministertreffen

Auch die Steiermark will von EU-Ratsvorsitz profitieren. Es wird eine große Wirtschaftskonferenz in der Steiermark geben, und im Oktober gibt es ein Treffen der Verkehrsminister der 28 EU-Staaten in Graz - mehr dazu in Steirische Rolle in der EU-Ratspräsidentschaft.

Kritik der KPÖ

Man dürfe sich von der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs nicht zu viel erwarten, warnte die steierische KPÖ am Samstag. Eine schlankere EU und eine kleinere Kommission seien unrealitsch - die EU sei in den wesentlichen Fragen unveränderba, so die steirischen Kommunisten, die davon sprachen, das in den einzelnen Staaten mehr Demokratie hersche als in der Europäischen Union.

IV: Hohen Stellenwert kommunizieren

IV-Steiermark Präsident Georg Knill appellierte den hohen Stellenwert Europas für Österreich aktiv zu kommunizieren. „Wir alle sind gefordert, den gesellschaftlichen Mehrwert der europäischen Union zu betonen. Und wir sind gefordert, Entwicklungen, die der europäischen Idee entgegenwirken, entschieden zu bekämpfen – ganz egal ob in anderen Ländern Europas oder vor der eigenen Haustüre. Nationale, kurzsichtige Interessen sind hintanzustellen", so Knill.

ORF-Sonderseite zu Österreich EU-Vorsitz

Der ORF wird den Ratsvorsitz mit zahlreichen Schwerpunkten begleiten. Alle Informationen und Hintergründe des kommenden EU-Halbjahres sind auf ORF.at nachzulesen, auf der Sonderseite ORF.at/eu2018.

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