Identitären-Prozess: Offenbar Störaktion geplant

In Graz ist am Montag der Prozess gegen 17 mutmaßliche Mitglieder und Sympathisanten der Identitären Bewegung Österreichs (IBÖ) fortgesetzt worden. Dabei sei laut dem Richter offenbar eine Störaktion geplant gewesen.

Falls man sich frage, warum Mobiltelefone und Laptops rund um den Gerichtssaal nicht funktioniert hätten - er habe die Erklärung, eröffnete der Richter den Prozess nach der Mittagspause. Offenbar war eine massive Störaktion auf den Prozess geplant gewesen - der große Schwurgerichtssaal hätte gestürmt werden sollen, so der Richter. Von wem, das ließ er offen. Die Aktion sei verhindert worden.

Sechs Angeklagte befragt

Den Angeklagten wird das Vergehen der kriminellen Vereinigung vorgeworfen, in einzelnen Fällen auch Verhetzung, Nötigung und Sachbeschädigung - mehr dazu in Identitären-Prozess: Diskussion um Hetze (4.7.2018) und Identitären-Prozess: Aktionen gestanden (6.7.2018).

Als Gruppe, gekleidet in Anzügen, mit akkuraten Haarschnitten und gepflegten Bärten saßen sie im Grazer Straflandesgericht: 15 der 17 Angeklagten, zwei von ihnen waren beruflich entschuldigt. Insgesamt sechs Angeklagte wurden am Montag befragt, einige ihrer Aktionen in der Steiermark näher beleuchtet.

Schablonenhafte Aussagen

Der Richter war nach der Wichtigkeit der Funktion der Angeklagten bei den Identitären vorgegangen, befragte zuerst den ehemaligen Obmann, danach den Leiter der Landesgruppe Wien nach ihrer Motivation. Die Antworten glichen einander fast aufs Haar.

Man sei gegen Multi-Kulti, gegen Massenzuwanderung, gegen Islamisierung. Auf diese Themen habe man, weil die Politik zu wenig tue, mit Aktionen aufmerksam machen wollen. Das betonte auch der Leiter der Landesgruppe Steiermark, auch er Student wie die beiden, die vor ihm an der Reihe waren, auch er finanziert von Eltern oder durch Gelegenheitsjobs.

Gerangel an der Hörsaaltür

Im Juni 2016 stürmte er mit anderen IBÖ-Aktivisten in den Hörsaal C der Uni Klagenfurt, wo eine Vorlesung über Asyl und Migration stattfand. Mit Gleichgesinnten hielt er Transparente hoch: „Integration ist eine Lüge“ stand auf einem - und es wurden Softbälle geworfen, eine symbolische Steinigung.

Der Uni-Rektor schritt ein, es kam zu einem Gerangel an der Hörsaaltür. Ein Uni-Mitarbeiter war am Montag der erste Zeuge im Prozess. Er sagte aus, der steirische IBÖ-Landesleiter habe dem Rektor einen Faustschlag in den Bauch versetzt, bevor er geflüchtet sei. Der Landesleiter beschrieb das jedoch völlig anders: Der Rektor habe einem anderen Aktivisten das T-Shirt zerfetzt - er selbst habe sich nur losgerissen und den Rektor dabei am Bauch gestreift.

„Angst vor dem Rektor“

Warum er geflüchtet sei, wenn er die Aktion doch für rechtlich vertretbar halte, fragte der Richter. Theoretisch hätte er bleiben können, habe aber Angst vor dem Rektor gehabt, so der Angeklagte, der wie alle seine Mitangeklagten im Tonfall immer verbindlich blieb, ab und zu dezent mit der Schulter zuckte und dabei kein Wort unüberlegt oder zu viel sagte.

Eine weitere Aktion hatte vor zwei Jahren in Maria Lankowitz stattgefunden - einer der Angeklagten, ein Steirer aus der Region, war dabei beteiligt. Gemeinsam mit anderen Aktivisten - vielleicht waren es zwei, meinte er vor Gericht, er könne sich nicht genau erinnern - Müllsäcke über Heiligenfiguren gestülpt und die Figuren mit Vollbartperücken und Waffenattrappen ausgestattet.

„Gerechtigkeit gewinnt“

Eine Warnung sollte das sein vor der Gefahr des Islamismus, sagte er aus - und für mehr Klarheit hatte er Botschaften wie „Intergration ist eine Lüge“ auf die Hauptstraße gesprüht - mit Kreidespray. Der Staatsanwalt bezeichnete das als Sachbeschädigung; der Angeklagte meinte, das gehe innerhalb weniger Tage leicht wieder weg, das habe er selbst zuhause ausprobiert. Der Richter wolle das auch tun: In den nächsten Tagen werde im Hof des Gerichtsgebäudes einmal testgesprayt, kündigte er an, den Slogan habe er schon: „Gerechtigkeit gewinnt.“