Identitären-Prozess: Notizen im Mittelpunkt

In Graz wird am Mittwoch der Prozess gegen 17 Mitglieder der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) fortgesetzt. Dabei nahm der Staatsanwalt Notizen des IBÖ-Mitbegründers und Erstangeklagten Martin Sellner ins Visier.

Den Angeklagten - zehn führende Vertreter der als rechtsextrem geltenden IBÖ sowie sieben Sympathisanten - wird die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen: Sie sollen strafbare Handlungen begangen bzw. die Vereinigung gefördert haben, so die Staatsanwaltschaft.

Bisher recht ähnliche Antworten

Bisher wurden die Angeklagten befragt, und ihre Antworten fielen durchwegs recht ähnlich aus. Daraus ergibt sich ein Bild der Motivation der IBÖ-Aktivisten, für die die Flüchtlingskrise von 2015 ebenso eine Rolle spielt wie die Unzufriedenheit mit den politischen Parteien in Österreich - mehr dazu in Ähnliche Antworten im Identitären-Prozess (10.7.2018), Identitären-Prozess: Offenbar Störaktion geplant (9.7.2018), Identitären-Prozess: Aktionen gestanden (6.7.2018) und Identitären-Prozess: Diskussion um Hetze (4.7.2018).

„Ein Kampf bis aufs Messer“

Noch bevor Zeugen gehört werden konnten, wurde bei der Wiederaufnahme des Prozesses am Mittwoch IBÖ-Mitbegründer und Erstangeklagter Martin Sellner mit Unterlagen, die bei ihm im Zuge einer Hausdurchsuchung sichergestellt worden waren, konfrontiert. Der Staatsanwalt hielt ihm einen Text vor, in dem es hieß: „Es ist Krieg, ein Kampf bis aufs Messer, um jede Straße, um jede Stadt, jedes Land“.

„Klingt martialisch“, bemerkte der Richter. Das seien private Notizen gewesen und nie für die Veröffentlichung bestimmt, rechtfertigte sich der Beschuldigte. Er räumte ein, dass es sich möglicherweise um Material für ein Video gehandelt habe. „Meine Hauptarbeitszeit geht im Moment dafür drauf, Youtube-Einträge zu suchen“, stellte der Richter fest.

In einem andern Text hieß es, dass für IBÖ-Mitglieder „ein bürgerliches Leben nicht mehr möglich ist. Wir müssen unser Leben danach ausrichten, bei jedem Stammtisch und in vorderster Reihe dabei sein.“ Dazu meinte Sellner: „Wenn man sein Gesicht dafür herzeigt, muss man sein Leben danach ausrichten.“ Er betonte aber mehrmals, „unser gesamter Aktivismus war immer gewaltfrei“.

„Das sind private Notizen“

Der Staatsanwalt präsentierte ihm einen Zettel, auf dem stand: „Holen wir uns Wien zurück, Block für Block. Lasst uns Helden sein.“ Für ihn sei das eine „Aufforderung zum Straßenkampf“, formulierte der Ankläger. „Das sind private Notizen“, wehrte Sellner ab. „Also kein Aufruf zur Gewalt?“, hakte der Staatsanwalt nach. „Nein, da habe ich nur etwas zusammengekritzelt, wahrscheinlich in einer langweiligen Vorlesung.“

Eine Bemerkung konnte sich der Angeklagte aber nicht verkneifen: „Rechtsstaatlich passiert jetzt genau das, was wir gefordert haben, Grenzschließung, Zäune und so weiter.“