Schadenersatz: Pflegekind zieht vor Gericht

Ein ehemaliges Pflegekind plant einen Rechtsstreit gegen das Land Steiermark: 500.000 Euro will jener Mann vom Land einklagen, der bei einer wegen Kindesmords verurteilten Pflegemutter aufwachsen musste.

Die Zahlungsaufforderung über 500.000 Euro hat der heute 52-jährige Walfried Janka dem Land Steiermark schon vor mehr als drei Monaten geschickt. Die Begründung: Amtshaftung und Schadenersatz wegen gesundheitlicher und psychischer Folgen, die er durch Misshandlungen bei seiner Pflegemutter erlitten habe.

„500.000 noch weitaus zu wenig“

Sie war wegen Mordes an einem Neugeborenen verurteilt gewesen. Davon soll das Jugendamt Leibnitz auch gewusst haben. Allerdings ist dies noch nicht eindeutig geklärt. Wohl wegen seiner psychischen Reaktion auf Misshandlungen wurde Janka als Kind mit Behinderung eingestuft - jetzt werde ihm immer stärker bewusst, was ihm genommen worden sei.

„Allein die Bildung! Bildung braucht ein Mensch, wenn er in der Gesellschaft weiterkommen will. Ich muss heute noch als Notstandbezieher mit 380 Euro im Monat herumlaufen. In der Privatwirtschaft habe ich als Bildungsloser und Vorbestrafter keine Arbeit gefunden - also musste ich bei Nachbarn für zwei bis vier Euro in der Stunde arbeiten, damit ich das Haus erhalten und meine Kinder ernähren kann. Da sind 500.000 noch weitaus immer zu wenig“, so der 52-Jährige.

Schock nach Absage auf Geldforderung

Doch Janka, der - vielleicht mitbedingt durch seine Vorgeschichte - selbst zum Mörder an einem Taxifahrer wurde und viele Jahre im Gefängnis war, hat diese Woche vom Land eine Absage auf seine Geldforderung bekommen. Nach entsprechender Prüfung werde mitgeteilt, dass die Ansprüche schon wegen Verjährung abgelehnt werden müssten.

Von dem knappen Dreizeiler zeigt sich der 52-Jährige schwer enttäuscht: „Als ich das Schreiben erhalten habe, war ich einfach schockiert. Mir ist schlecht geworden. Ich habe eher vermutet, dass ein persönliches Gespräch stattfindet, man mir vielleicht ein Angebot macht.“

Anwälte laut Janka interessiert

Als Ö1 im Mai 2017 über den Fall berichtete, errichtete das Land eine neue Anlaufstelle für Heim- und Pflegekinder. Janka erhielt indes 25.000 Euro, was er auch anerkenne. Allerdings will er noch im August die 500.000 Euro einklagen - mehrere Anwälte seien, so Janker, diesbezüglich schon interessiert.

Auch eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs plant er: Bei der Bezirkshauptmannschaft seien Teile seine Aktes verschwunden: „Das ist keine Schlamperei gewesen. Es ist bewusst darauf hingesteuert worden. In dem Moment, in dem ich in die Öffentlichkeit gegangen bin, wurde behauptet, dass diese Aktenteile nicht vorhanden sind und was ich behaupte nicht nachvollziehbar wäre - obwohl ich Beweise habe, fotografierte Aktenteile“, schildert der 52-Jährige.

„Wegen Verjährung kein Rechtsanspruch“

Laut Bezirkshauptmann Manfred Walch sei fraglich, ob großteils schon verstorbene Verantwortliche am Jugendamt von der Verurteilung der Pflegemutter wussten. Es sei ihm ein Rätsel, warum der diesbezügliche Akt nicht mit Jankas älteren Aktenfotografien übereinstimme. Der Akt sei aber hin- und hergeschickt worden. Dass jemand absichtlich etwas entfernt hat, könne sich der Bezirkshauptmann nicht vorstellen. Unumstritten sei, dass Jankas Pflegemutter wegen Kindesmords verurteilt sei.

Vom Verfassungsdienst des Landes heißt es, man sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Ergebnis gekommen, dass wegen Verjährung kein Rechtsanspruch auf Schadenersatz bestehe. Man werde den Prozess führen müssen - auch wenn das der Tragik des Falles nie gerecht werden könne.