Pyramidenspiel-Prozess: Diversionen zum Auftakt

Im Grazer Pyramidenspiel-Prozess ist die Anzahl der Angeklagten bereits am ersten Verhandlungstag geschrumpft: In mehr als der Hälfte der 16 Fälle entschied der Richter, dass eine diversionelle Einigung möglich wäre.

Den zunächst 16 Angeklagten wurden jeweils die Vergehen und Verbrechen der Ketten- und Pyramidenspiele sowie einem Teil der Angeklagten die Vergehen des teils gewerbsmäßigen, teils schweren Betruges vorgeworfen. Außerdem sollen ein Beweismittel unterdrückt und eine falsche Beweisaussage getätigt worden sein. Teilweise geht es auch um Veruntreuung und Geldwucher gehen.

Prozess um Pyramidenspiel

APA/Erwin Scheriau

Bei den Angeklagten handelt es sich um Frauen und Männer zwischen 41 und 78 Jahren, unbescholten, Angestellte, selbstständig Erwerbstätige, Pensionisten - alles gut situierte, normale Bürger, wie sie einer der mehr als zehn Verteidiger in seinem Eröffnungsplädoyer bezeichnete. Die Angeklagten sind untereinander verwandt, verschwägert oder gut bekannt - der Staatsanwalt sprach sogar von einem Familienunternehmen.

Weit verzweigter „Schenkkreis“

Zu Beginn des Prozesses erklärte der Staatsanwalt das Pyramidenspiel als eine Art Schneeballsystem und sprach dabei von sektenartigen Inforveranstaltungen: Von Voitsberg ausgehend soll von 2006 bis 2009 ein weitverzweigtes System namens „Schenkkreis“ oder auch „Unternehmensforum“ ausgegangen sein. Im Zuge dessen musste ein angeworbener Spieler zwei weitere Mitspieler anwerben. Jeder Spieler hatte dabei einen Einsatz von 5.000 oder 10.000 Euro zu leisten. Versprochen wurde eine Verachtfachung des Einsatzes - also eine Auszahlung von 40.000 bis 80.000 Euro innerhalb kurzer Zeit.

Irgendwann ist aber das Spieler-Reservoir erschöpft, es rückt niemand mehr nach, die Pyramide stürzt ein: Nach zehn Runden müssten mehr als 1.000 Personen, nach 20 Runden eine Million neu angeworben werden; wer früh genug dabei ist, gewinnt, all jene in den unteren Reihen bleiben auf den Schäden sitzen. Der Staatsanwalt spricht von 800 Opfern; die Angeklagten hätten zum Teil auch Darlehen mit horrenden Zinsen gewährt und letztlich hunderttausende Euro Gewinn gemacht.

„Geldgier hat blind gemacht“

Dem Hauptangeklagten wird eine Schädigung von rund 100 Mitspielern und Opfern in der Höhe von mehr als 660.000 Euro vorgeworfen. Sein Anwalt sprach von einer völlig überzogenen Anklage: Die Angeklagten seien keine Kriminellen, ihre Geldgier habe sie blind gemacht, sie hätten sich sogar bei Rechtsanwälten erkundigt und seien der Meinung gewesen, es sei alles rechtlich gedeckt.

In mehr als der Hälfte der Fälle entschied der Richter dann auch gleich am ersten Verhandlungstag, dass eine diversionelle Einigung möglich wäre: Den Beschuldigten wurde eine Geldbuße auferlegt, außerdem müssen sie den Schaden gutmachen. Der Staatsanwalt hatte keine Einwände, die Angeklagten, denen diese Variante angeboten wurde, erklärten allesamt, sie würden Verantwortung übernehmen und den Schaden gutmachen.

Ermittlungen gegen rund 300 Personen

Bis 17. Jänner wurden mehr als 30 Verhandlungstage anberaumt, der Strafrahmen liegt - je nach Anklage - bei sechs Monaten bis zehn Jahren. Der Prozess dürfte aber erst der Beginn sein - ermittelt wurde gegen rund 300 Personen, mehrere Verfahren landeten auch schon vor Gericht - mehr dazu in „Schenkkreis“: Polizist vor Gericht (18.9.2018) und in „Schenkkreis“: 65-Jähriger verurteilt (19.9.2018). Am Rande des Prozesses kam am Montag auch zur Sprache, dass das Gutachten 1,4 Millionen Euro gekostet hat - der Sachverständige Fritz Kleiner hat mehrere Jahre an dem Fall gearbeitet. Die Kosten wurden allerdings mittlerweile beeinsprucht.