„Staatsverweigerer“: Applaus im Gerichtssaal

Tag drei im Prozess gegen 14 Mitglieder des „Staatenbundes Österreich“ in Graz: Am Mittwoch wurde die Gründerin der Vereinigung weiter befragt. Für einige ihrer Aussagen erntete sie Applaus aus den Zuschauer-Reihen.

Die 14 Angeklagten müssen sich zum Teil wegen versuchter Bestimmung zum Hochverrat, wegen staatsfeindlicher Verbindung und zum Teil wegen Betrugs vor Gericht verantworten - mehr dazu in „Staatsverweigerer“-Prozess ab Mitte Oktober (31.8.2018). Der Prozess begann am Montag. Der Staatsanwalt legte über mehrere Stunden seine Sicht der Dinge fest. Die Angeklagten tätigten zahlreiche Zwischenrufe, die Richterin hatte zu Beginn Mühe, Ordnung in den Prozess zu bringen - mehr dazu in „Staatsverweigerer“-Prozess: Kurioser Auftakt. Am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag waren die Verteidiger und auch die Hauptangeklagte am Wort - mehr dazu in „Staatsverweigerer“: „Komische Ideen“

„Gewerbescheine sind unnötig“

Am Mittwoch, dem dritten Verhandlungstag setzte der Staatsanwalt seine Befragung der Hauptangeklagten fort. Diesmal ging es um die betrügerischen Taten, die die Mitglieder des „Staatenbundes“ gesetzt haben sollen. Zunächst spielte der Ankläger die Aufnahme einer Versammlung vor, bei der die „Präsidentin“ des Staatenbundes erklärt hatte, dass Gewerbescheine unnötig seien. Die „Menschen aus Fleisch und Blut“, wie sie ihre Gesinnungsgenossen pausenlos bezeichnete, müssten „das Gewerbe abmelden, damit ihr von der Sozialversicherungsanstalt herauskommt. Der souveräne Mensch braucht kein Gewerbe.“ Dann sei es allerdings angeraten, einen der eigenen Scheine zu kaufen „damit ihr mit dem alten System klarkommt.“ Nachfragen des Staatsanwaltes schmetterte sie mit der Bemerkung „Alle souveränen Menschen haben gewusst, worauf sie sich einlassen“, ab.

Auto-Kennzeichen um 100 Euro kaufen

Nächstes Thema waren die Kfz-Zulassungsscheine und Haftpflichtversicherungen. Die Mitglieder sollten um 100 Euro ein Kennzeichen des „Staatenbunds“ kaufen, damit wäre der Fall erledigt. „Eigentümer des Autos ist dann der Staat, ihr seid die Besitzer. Euch kann dann niemand das Auto oder das Kennzeichen wegnehmen, weil alles dem Staat gehört.“ Weiters redete sie den Zuhörern ein, „es gibt kein Recht, eine Haftpflichtversicherung zu kassieren.“ Das sah der Ankläger anders: „Sie täuschen die Leute und müssten wissen, dass das in der Republik Österreich verboten ist.“

Sie hatte auch noch einen guten Tipp für etwaige Verkehrskontrollen auf Lager: „Wir sind in einem anderen Rechtskreis, das muss man auch den Polizisten sagen, wenn sie einen aufhalten.“

Staatsanwalt: „Sie vernichten Existenzen“

„Da haben Menschen alles verloren“ warf er der Angeklagten vor, weil sie Fantasie-Urkunden an die Mitglieder verkaufte. „Ist Ihnen klar, dass durch Ihr Tun Existenzen vernichtet wurden?“ fragt der Staatsanwalt. Die Hauptangeklagte bleibt in ihrer Rolle oder in ihrer Welt und erklärt, der von ihr vor drei Jahren gegründete Staatenbund sei der einzig richtige und gültige Staat, die Republik Österreich demnach nur eine wörtlich faschistisch-mafiöse Firma. Dass der Gerichtsvollzieher bei Ihnen war, das sitzt noch immer tief, meinte der Staatsanwalt. Ja, sagte die Angeklagte, so tief, dass sie sich wehren musste und noch immer muss, indem sie ihren Staat gründete und immerhin rund 2.700 Mitglieder gewinnen konnte.

Applaus im Gerichtssaal

Der Staatsanwalt wollte wissen, was die Angeklagte mit dem Geld machte, dass sie durch den Verkauf von eigenen Gewerbescheinen und Zulassungsscheinen lukrierte. Die Angeklagte konterte: „Hat hier jemand eine Vorstellung, was der Aufbau eines Staates kostet? Wir sind die Pioniere, die für andere durchs Feuer gehen.“ Es gab Applaus aus den locker gefüllten Zuschauerreihen. Die Angeklagte bedankte sich dafür und meinte dann: „Eigentlich können wir hier zusammenpacken und gehen. Das ist ein Witz.“ Das sah das Geschworenengericht anders.

Landbuch statt Grundbuch

Am Nachmittag ging es bei der Befragung der Erstangeklagten durch den Staatsanwalt um einige dubiose Geschäfte, die der „Staatenbund“ getätigt haben soll, um die eigene „Staatskasse“ zu füllen. Ging es zunächst um hausgemachte Gewerbescheine und selbst gebastelte Nummerntafeln, kamen dann auch die Eintragungen ins sogenannte „Landbuch“ zur Sprache. Den neuen Mitgliedern des „souveränen Staates“ wurde unter anderem eingeredet, dass das Grundbuch für sie keine Bedeutung habe und das Grundbuch überhaupt aufgelassen werden sollte. Damit der Besitz nicht verfällt, sei eine Eintragung im „Landbuch“ nötig. Mit 100 Euro konnte man sich nach Aussage der Präsidentin das Recht auf seinen Besitz dauerhaft sichern, auch Exekutionen wären dadurch nicht möglich.

Auch hier sollte das gleiche Prinzip wie bei den Autos gelten: „Der Staat ist Eigentümer, ihr seid’s die Nutznießer“, war auf einer Aufnahme einer Versammlung zu hören, die der Ankläger vorspielte. Das Geld für die Eintragung sollte in die „Staatskasse“ kommen „um möglichst schnell die Staatswährung zu drucken.“ Der Euro sei nur „Privatgeld eines privaten Freimaurerunternehmens“, erzählte die Beschuldigte ihren Anhängern.

Von wahren Gesichtern und Faschisten

„Sie haben Briefe bekommen vom Staat, dass das rechtswidrig ist, was Sie tun“, hielt der Staatsanwalt der Präsidentin vor. „Das Rechtsempfinden Ihrer Firma ist mir völlig egal“, lautete die Antwort. Nach einem Schreiben der Polizeidirektion sagte sie - wie im Gerichtssaal vorgespielt wurde - bei einem Treffen: „Die zeigen ihr wahres Gesicht, das sind Faschisten.“ Ausführlich war auf Aufnahmen auch zu hören, wie sie von ihren Auftritten in einer Grazer Kaserne erzählte, wo sie ihre Haftbefehle für diverse Regierungsmitglieder vorlegte. Der zuständige Major hatte ihr allerdings freundlich beschieden, dass es in Österreich kein Militärgefängnis gäbe und man daher nicht wüsste, wohin mit den Festgenommenen. Als Begleiter hatte sie stets den Zweitangeklagten an ihrer Seite, der überall seinen alten Gendarmerieausweis vorzeigte. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, Urteile soll es im Dezember geben.