Hohe Haftstrafen für mutmaßliche Dschihadisten

In Graz sind am Mittwoch zwei mutmaßliche Dschihadisten zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Die beiden Angeklagten sollen Bombenpläne nach Österreich gebracht und versucht haben, Dschihad-Kämpfer für den IS anzuwerben.

In seinem Eröffnungsplädoyer am Montag hatte der Staatsanwalt den Grazer Verein TAQWA als „Stützpunkt des IS in Österreich“ bezeichnet - mehr dazu in Auftakt für nächsten IS-Prozess in Graz (26.11.2018).

„Zentrale ideologische Rolle“

Einer der Angeklagten, ein 38-jähriger Österreicher mit bulgarisch-türkischen Wurzeln, soll laut Ankläger in dem radikalen Glaubensverein „eine zentrale ideologische Rolle“ eingenommen haben: Ihm wurde angelastet, mehrere Personen überredet zu haben, tatsächlich nach Syrien zu gehen und sich dem IS anzuschließen. Zwei Paare und ihre insgesamt neun Kinder waren darunter, „die direkt in die Hölle gegangen sind“, wie es der Staatsanwalt formulierte. Die Eltern mussten sich nach ihrer Rückkehr in Graz vor Gericht verantworten und wurden verurteilt - mehr dazu in Hohe Haftstrafen für Dschihadistenpärchen (11.6.2018).

„Keine Antwort“

Der Angeklagte hatte mehrfach betont, dass er das Gericht nicht anerkennen würde; auch sein Pflichtverteidiger durfte nicht für ihn sprechen und nahm daher schweigend an der Verhandlung teil. Die Standardantwort des Beschuldigten lautete: „Keine Antwort“. Er distanzierte sich auch von seinen bisherigen Aussagen: „Da bin ich eingeschüchtert worden“, erklärte er. Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes beschrieb ihn als Vertreter einer „ursprünglichen Richtung des Islam, die alle demokratischen Strömungen ablehnt“.

Schriftführer „nur auf dem Papier“

Der erste am Mittwoch befragte Zeuge war eine Zeit lang Schriftführer bei dem Grazer Verein TAQWA - „aber nur auf dem Papier“, wie er betonte: Aus beruflichen Gründen hätte er keine Zeit gehabt, er habe nur seinen Namen dafür hergegeben. Ein paar Mal habe er dann dennoch gepredigt, aber nur „Islamische Glaubensgrundsätze“, alles Radikale lehne er ab. Wie Dschihad-Dokumente auf seinen Computer gelangten, konnte er nicht wirklich erklären, aber sein Bruder - der verschwunden sei - habe den Computer auch verwendet. „Er ist zum IS nach Syrien gegangen“, sagte der Staatsanwalt, „meine Familie weiß nicht, wo er ist“, so der Zeuge.

Obmann: „Nur gebetet, nicht gepredigt“

Ganz wenig wollte dann auch der nächste Zeuge wissen, obwohl er sieben Jahre lang der Obmann von TAQWA war: Er selbst habe nur gebetet, nicht gepredigt, von radikalen Tendenzen wollte er nichts mitbekommen haben. „Wieso sind dann aus ihrer Moschee gleich 38 Personen nach Syrien gegangen?“, fragte der Richter. „Keine Ahnung“, kam als Antwort. Und weiter: „Wieso haben sie die Dschihad-Fahne aufgehängt?“ „Die war damals noch nicht verboten.“ „Sie sind der Obmann eines radikalislamischen Vereins, das ist Tatsache“, wurde der Richter schließlich schärfer. „Ich hatte keinen Einfluss auf die Leute“, antwortete der Zeuge, der aber immerhin den 38-Jährigen erkannte; dass dieser auch Kassier war und wie viel Geld der Verein hatte, wusste der Obmann aber nicht so recht.

Schaltpläne „ohne weiteres nachbaubar“

Der zweite Angeklagte, ein 24-jähriger Bulgare, war selbst nach Syrien gefahren und 2015 wieder zurückgekehrt. Bei ihm fand sich bei einer Hausdurchsuchung ein USB-Stick mit Texten zu den Themen „Sprengstoff-Bombenlehre“, „Anschlag mit Mobiltelefon“, „Herstellung und Verwendung biologischer Waffen“ oder „militärische Nutzung von Elektronik“, zu Blei- und Arsenvergiftungen sowie Napalm. „Das war ein Lehrgang zur Durchführung von Terroranschlägen“ befand der Staatsanwalt. Zusätzlich wurden beim Beschuldigten an der Türschnalle seines Zimmers im Männerwohnheim Spuren des Sprengstoffs TNT (Trinitrotoluol) gefunden.

Der technische Sachverständige sprach von elektrotechnischen Grundschaltungen, die voll funktionstüchtig seien und Detonatoren auslösen können; mit gewissen technischen Grundkenntnissen seien die Schaltpläne ohne weiteres nachbaubar.

„Massiv radikal“ oder nur „neugierig“?

Der Ankläger stufte den 24-Jährigen als „massiv radikal“ ein, sein Verteidiger nannte ihn hingegen einen „neugierigen Menschen“, der sich „Blödsinn heruntergeladen hat“: Er wolle aber „nicht die Leute abschlachten“, sondern er habe nur angeben wollen.

Acht und sieben Jahre Haft

Die Geschworenen befanden beide Angeklagten für schuldig: Der 38-Jährige muss acht Jahre ins Gefängnis, der 24-Jährige wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt; beide sind seit Jänner 2017 in Untersuchungshaft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.