„Staatsverweigerer“: „Total daneben“

Der Prozess gegen 14 mutmaßliche „Staatsverweigerer“ in Graz biegt langsam in die Zielgerade ein: Am Montag waren wieder Zeugen am Wort - Beamte der Republik einerseits, Sympathisanten des „Staatenbunds“ andererseits.

Dass gemäß Prozessordnung auch die Angeklagten Fragen an die Zeugen stellen dürfen, verlieh dem Prozess am Montag eine besondere Note. Im Zeugenstand standen nacheinander zwei Männer mit Naheverhältnis zum „Staatenbund“ und ähnlichem Schicksal: Beider Liegenschaften wurden zwangsversteigert, beide suchten Hilfe bei der hauptangeklagten Oststeirerin und ihren Ideen vom „Staatenbund“.

„Diplomat der Menschenrechte“

Der eine sah sich bei seiner Aussage vor Gericht noch immer als vom „Staatenbund“ ernannter „Diplomat der Menschenrechte“ und tätigte seine Aussagen lieber stehend und laut: Der „Staatenbund“ sei demnach nicht gesetzeswidrig und international anerkannt, beantwortete er die Fragen der Hautpangeklagten. Einen Ordnungsruf der Richterin später war sein Auftritt wieder vorbei.

Der zweite Zeuge verweigerte dem Gericht so gut wie jede Aussage, den Fragen der Obersteirerin aber kam er ausführlich entgegen. Als sie ihm das Wort Völkermord in den Mund legte, warnte ihn das Gericht, dass er sich belasten könnte. Das wollte der Zeuge nicht, er wolle sich mittlerweile ja vom „Staatenbund“ distanzieren, und er ergänzte, dass ihm das von der Justiz nahegelegt worden sei.

„Ein bisschen deppert“

Danach im Zeugenstand: der Bürgermeister einer oststeirischen Gemeinde. Er kennt die Hauptangeklagte seit Jahren. „Wie würdest Du mich charakterisieren?“, fragte sie ihn. Das sei für ihn, so der Bürgermeister, „schwierig“: Sie lebe in einer anderen Welt, ihre Ideen seien „total daneben“. Wesentlich deutlicher wurde dann ein Pflichtschulinspektor, der ins Spiel kam, als die Hauptangeklagte ihre schulpflichtige Tochter fast ein Jahr lang aus der Schule genommen hatte.

Das Mädchen besuchte eine Neue Mittelschule, schloss aber die zweite Klasse negativ ab. Daraufhin meldete ihre Mutter sie von der Schule ab - und zwar gleich vom ganzen Schulsystem. „Sie hat gesagt, sie will eine eigene Schule mit freiem Lernen gründen“, erzählte der Zeuge. Die Frau wurde darauf hingewiesen, dass das schulpflichtige Kind dann Externistenprüfungen machen müsse. „Sie hat geschrieben, im ‚Staat Steiermark‘ gibt es keine Externistenprüfung.“ Im übrigen ginge ihr Kind in eine „staatliche Schule“ - in ihrem eigenen Staat - „und das konnte ich als Beamter nicht akzeptieren“.

Also setzte sich der Inspektor mit dem Vater des Mädchens in Verbindung, „er erschien mir sehr vernünftig.“ Schließlich konnte die Tochter Prüfungen nachmachen und wieder in einer Neuen Mittelschule einsteigen, wo sie „die vierte Klasse besucht, eine beliebte Schülerin ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv abschließen wird, und das war mir den ganzen Zirkus wert“, betonte der Zeuge.

Auf gut steirisch müsse er sagen, die „Staatenbündler“ „sind ein bisschen deppert, Spinner“, sagte der Pflichtschulinspektor vor Gericht und entschuldigte sich gleich dafür. Es folgten Fragen aus den Reihen der Angeklagten aus dem bunten Strauß des „Staatenbund“-Weltbilds, bis der Schulinsepktor zum Schluss zu Protokoll gab: „Die Entschuldigung von vorhin nehme ich zurück.“

Urteile noch vor Weihnachten geplant

Seit Mitte Oktober wird verhandelt, und die insgesamt 14 Angeklagten blieben ihrer Sichtweise bislang weitgehend treu: Der wahre Staat sei ihr „Staatenbund“, sagten sie, der Staat Österreich hingegen nicht. Höchst unterschiedlich war indes die Art, wie sich die Angeklagten vor der Richterin präsentierten - mehr dazu in „Staatsverweigerer“: Weitere Zeugen befragt (29.11.2018), „Staatsverweigerer“-Prozess geht in Woche zwei (21.10.2018), in „Staatenbund“-Kassierin: „Bin frei von Schuld“ (22.10.2018), in „Staatenbund“-Prozess: Land- statt Grundbuch (25.10.2018), in „Staatsverweigerer“: „Keine Ahnung“ (5.11.2018), in „Staatenbund“: „Ich kenne mich da nicht aus“ (6.11.2018), in „Staatenbund“: Ex-Generalstabschef als Zeuge (15.11.2018), in „Staatsverweigerer“: Sachverständige am Wort (19.11.2018) und in „Staatsverweigerer“: „Kein Karnevalsverein“ (3.12.2018). Die Urteile sollen noch vor Weihnachten fallen