Flüchtlingsfamilie: Schicksal bewegt Steiermark

Vor Weihnachten bewegt das Schicksal einer Flüchtlingsfamilie die Steiermark: Seit zwölf Jahren lebt sie hier - nun soll sie von Traiskirchen nach Tschetschenien abgeschoben werden. Schulkollegen und eine Initiative üben Kritik.

Eine Altersbegrenzung für eine Abschiebung kennen die Behörden nicht - das jüngste der insgesamt fünf Kinder der betroffenen tschetschenischen Familie ist gerade einmal ein paar Monate alt. Sie alle wurden in Österreich geboren - jetzt sollen sie das Land, das ihre Heimat ist, verlassen. Anfang November wurde die Familie im Morgengrauen von einem zwölfköpfigen Polizeikommando aus ihrer Wohnung in Graz geholt und in die Flüchtlingsstelle nach Traiskirchen gebracht.

Die für 8. November geplante Abschiebung wurde wegen eines neuen Asylantrags verschoben. Die Familie wartet weiter - zwischen Hoffen und Bangen. Petra Leschanz von der Initiative „Border Crossing Spielfeld“ kennt den Fall: „Es ist aus rechtlicher Sicht nicht nachzuvollziehen, warum die Familie nicht längst wieder in der Steiermark ist, warum sie in Traiskirchen bleiben, wo die Kinder keine Schulausbildung bekommen.“

Schule wurde nicht informiert

Eines der Kinder ist die zehn Jahre alte Linda: Sie besuchte bis zur Überstellung nach Traiskirchen die erste Klasse im Oeverseegymnasium in Graz - von einem Tag auf den anderen war sie nicht mehr da: „Im konkreten Fall war es so, dass die Schule erst Tage später von einer Freundin der Familie erfahren hat, dass sie zur Abschiebung abgeholt worden sind. Die Lehrerinnen und die Direktion wurden nicht informiert.“

Eine auch für Mitschüler, deren Eltern und die Lehrer untragbare und oft auch traumatische Situation, schildert Petra Leschanz: „Wenn man sich vorstellt, dass ein Schulfreund plötzlich über Nacht verschwindet - wie erklärt man das dem eigenen Kind? Warum werden Kinder in den Krieg zurückgeschickt, die in Österreich geboren worden sind? Einem Kind werden sie das nicht erklären können.“

Ein Brief für Linda

Leschanz fordert, dass bei Abschiebungen, bei denen Kinder betroffenen sind, Kinderschutzeinrichtungen wie etwa die Kinder und Jugendanwaltschaft verpflichtend dafür zuständig sein müssten, die Kinderrechte zu wahren: „Nur so kann auch garantiert werden, dass die Schulen darüber informiert werden, was mit den Kinder gerade passiert bzw. dass diese Einrichtungen auch darauf achten, dass die Kinder so schnell wie möglich an ihren Heimatort zurückkommen und wieder zur Schule gehen können.“

Petra Leschanz kennt Fälle, in denen die Abschiebung längst vollzogen ist und die zurückgebliebenen Freunde noch jahrelang an die abgeschobenen Freunde Briefe schreiben. Auch im Fall der siebenköpfigen tschetschenischen Familie haben Mitschüler für die zehn Jahre alte Linda einen Brief geschrieben - und bitten darin um Hilfe.

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