Missbrauch: Ehemaliges Pflegekind klagt Land

Der Missbrauch eines Pflegekindes in den 1970er und 1980er Jahren könnte jetzt eine Klage gegen das Land Steiermark zur Folge haben. Auf Basis eines psychiatrischen Gutachtens wird eine Amtshaftungsklage gegen das Land vorbereitet.

Bei dem Fall geht es um ein ehemaliges Pflegekind, das in den 1970er und 1980er Jahren von seiner Pflegemutter gequält und misshandelt worden sein soll. Am Freitag wurde ein psychiatrisches Gutachten vorgelegt.

Pflegemutter war verurteilte Kindesmörderin

Der 52-Jährige war als Kind 15 Jahre lang bei einer Frau untergebracht, die wegen Mordes verurteilt gewesen sein soll. Dort soll er „massiv misshandelt und missbraucht“ worden sein, schilderte der Mann. Das Jugendamt im südsteirischen Leibnitz soll davon gewusst haben, dass es sich bei der Pflegemutter um eine verurteilte Kindesmörderin handelte.

Opfer berichtet von Martyrium

Von täglichen Schlägen, verschimmeltem Essen und Maßnahmen wie ans Bett fesseln, um nicht weglaufen zu können, berichtete der 52-Jährige. „Die Pflegemutter hat mir die Milchzähne mit einer rostigen Zange gerissen, ich musste das Blut am Boden aufwischen und dergleichen mehr.“ Die Forderung nach 500.000 Euro Schadenersatz, die der Betroffene im Mai des vergangenen Jahres gestellt hatte, wurde vom Land Steiermark jedoch abgewiesen, da es den Fall als verjährt ansah.

Betroffene kämpfen ein Leben lang mit Folgen

Ein am Freitag vorgelegtes psychiatrisches Gutachten attestiert dem heute 52-jährigen Mann unter anderem eine massive Verzögerung der Persönlichkeitsentwicklung. Dadurch sei es zu mangelhafter sozialer Eingliederung gekommen. Das ist laut Gutachten auf die erlittenen Traumatisierungen in der Kindheit und Jugend aufgrund schwerer psychischer und physischer Misshandlungen sowie sexuellen Missbrauchs zurückzuführen.

Auch eine berufliche Eingliederung sei daher nie möglich gewesen. Weil es Jahre brauche, um über derartige Ereignisse hinwegzukommen, würden Betroffene oft erst viele Jahre später darüber sprechen, sagte der Gutachter Pius Prosenz am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Mit den Folgen müssten sich die Opfer ein Leben lang auseinandersetzen.

Klagssumme zwischen 500.000 Euro und einer Million

Auf Basis des Gutachtens werde nun eine Amtshaftungsklage gegen das Land Steiermark vorbereitet, die im Februar vorliegen soll, sagte Markus Drechsler, Initiator der Plattform Ueberlebt.at, bei der Pressekonferenz.

Die durch die Klage entstehenden Kosten würden durch eine Fundraising-Kampagne, bei der 20.000 Euro zusammengekommen waren, finanziert werden, hieß es. Die Klagssumme werde sich „wahrscheinlich zwischen 500.000 und einer Million Euro bewegen“, sagte Drechsler.

Land will Argumente prüfen

Das Land Steiermark reagierte noch am Freitag darauf und erklärte, dass man den Inhalt einer möglichen Amtshaftungsklage prüfen werde, um danach eine Stellungnahme abzugeben. Vorerst müsse aber einmal die Einreichung der Klage abgewartet werden, sagte Amtsleiterin Waltraud Bauer-Dorner gegenüber der APA.

Das Land hatte im vergangenen Jahr einen Schadenersatz des ehemaligen Pflegekindes wegen Verjährung zurückgewiesen. Nun sei die Frage, ob neue Aspekte vorgelegt werden, die dieser Verjährung entgegenstehen, meinte Bauer-Dorner.

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