Urteile im Pyramidenspielprozess gefallen

Am Freitag sind die Urteile im Grazer „Schenkkreis“-Prozess gefallen. Die verbliebenen fünf Angeklagten mussten sich vor allem wegen Pyramidenspiels und Betrugs verantworten. Strafen gab es von vier bis sechs Monaten bedingt.

Im Prozess um ein großangelegtes Pyramidenspiel in der Weststeiermark wurden am Freitag alle fünf Angeklagten verurteilt - allerdings nur wegen Pyramidenspiels, vom Vorwurf des Betrugs erfolgte in allen Fällen ein Freispruch. Die bedingten Haftstrafen betragen vier bis sechs Monate. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

„Schenkkreis“

Bereits 2006 soll das Pyramidenspiel begonnen haben, hieß es in der Anklage, das schließlich zu einem Schaden in Millionenhöhe führte. Laut Staatsanwaltschaft Graz bildeten die Teilnehmer einen „Schenkkreis“, durch den sich das Geld vermehren sollte - mehr dazu in Pyramidenspiel: Erster Angeklagter vor Gericht (27.6.2018) und in „Schenkkreis“: Freispruch für Polizisten (20.11.2018).

Staatsanwalt sieht „Gemeingefährdung“

Nach vier Monaten Verhandlungsdauer ging der Prozess am Grazer Straflandesgericht am Freitag ins Finale: Der Staatsanwalt betonte in seinem Schussplädoyer, dass die fünf Angeklagten „zu den Hauptakteuren“ des Spiels gehörten. Von Pyramidenspielen gehe eine „Gemeingefährdung aus“, war er überzeugt. Er betonte, dass die reine Teilnahme nicht strafbar sei, wohl aber die Verbreitung: „Die Gewinnerwartung ist unrealistisch.“

Das Pyramidenspiel hatte sich von 2006 bis 2008 vor allem über Verwandte verbreitet. Die Mitspieler zahlten 5.000 oder 10.000 Euro ein und sollten mit 40.000 bzw. 80.000 Euro beschenkt werden. Die Auszahlung der Gewinne erfolgte in Deutschland, da dort Pyramidenspiele nicht strafbar sind.

Die Angeklagten hatten alle nicht nur ihre Einsätze wiederbekommen, sondern durchwegs Gewinne gemacht, einige sogar über 100.000 Euro. Anders erging es zahlreichen anderen Mitspielern, die zum Teil große Geldsummen verloren hatten, obwohl ihnen laut Anklage zugesichert worden war, sie könnten jederzeit ohne Verlust aussteigen.

Ursprünglich 16 Beschuldigte

Die Anklage verzeichnete ursprünglich 16 Beschuldigte, doch diese dezimierten sich sehr schnell. Schon an den ersten Verhandlungstagen einigte man sich in neun Fällen auf eine Diversion. Kurz vor Weihnachten gab es eine weitere, ein Mann wurde freigesprochen - mehr dazu in „Schenkkreis“-Prozess: Freispruch und Diversion (15.12.2018). Es blieben also fünf Personen, die auch im neuen Jahr auf der Anklagebank Platz nehmen mussten.

Seit Verhandlungsbeginn am 1. Oktober wurden zahlreiche Zeugen gehört, meistens waren es Geschädigte, bei denen der Ärger angesichts der Beschuldigten wieder so richtig hochkam. Einige mussten im Laufe der Befragung aber eingestehen, dass sie zwar bei einer Spielrunde Geld verloren, bei einer anderen dafür wesentlich mehr gewonnen hatten.

Pyramidenspiel und Betrug

Bei den fünf verbliebenen Angeklagten ging es darum, ob sie federführend am Betreiben des Pyramidenspiels in der Weststeiermark beteiligt waren. Weil den Teilnehmern angeblich versprochen wurde, sie könnten jederzeit aussteigen und würden ihr Geld zurückbekommen, klagte die Staatsanwaltschaft auch Betrug an.

Vor den Schlussplädoyers legten einige der Beschuldigten noch Teilgeständnisse ab. Der Richter fragte eine der Angeklagten: „Haben sie Beweismittel auf die Seite geräumt? Irgendetwas angezündet?“ Das verneinte die Frau mit Nachdruck.

„Unterm Strich sehr, sehr viele Verlierer“

Der Staatsanwalt rechnete erneut vor, dass bereits in der 33. Runde acht Milliarden Menschen nötig wären, damit noch Gewinne ausbezahlt werden könnten. „Unterm Strich wenige Gewinner, sehr, sehr viele Verlierer.“ Er kündigte gleich an: „Weitere Anklagen stehen unmittelbar bevor.“

Anwalt: „Er hat nie jemanden betrogen“

Der Verteidiger des Erstangeklagten, der als Drahtzieher des Pyramidenspiels galt, verwies darauf, dass sein Mandant „nie jemanden betrogen und nie jemanden getäuscht“ habe, und rief nochmals das Teilgeständnis in Erinnerung. Er beantragte daher eine bedingte Strafe.

Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer auch das Verhalten der Rechtsanwälte während des Verfahrens angeprangert und es als „Schmutzkübelkampagne“ bezeichnet. Der Ankläger rügte das Benehmen der Verteidiger besonders in Bezug auf Zeugen. Die Anwälte verwehrten sich gegen die Anschuldigungen und betonten, der Betrugsvorwurf - den Spielteilnehmern wurde zugesichert, sie könnten jederzeit ohne Geldverlust aussteigen - hätte nie gestimmt.

Urteile nicht rechtskräftig

Die Beratung des Schöffensenats dauerte etwas mehr als zwei Stunden. Alle fünf Angeklagten wurden nur wegen Betreibens eines Pyramidenspiels verurteilt. Eigentlich wären die Strafen höher gewesen, erklärte der Richter, doch man habe die lange Verfahrensdauer als mildernd angesehen. So blieb es bei bedingten Haftstrafen von vier bis sechs Monaten. Die Beschuldigten nahmen - äußerst erleichtert - sofort an, der Staatsanwalt kündigte Berufung an. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.