NS-Straßennamen: Graz plant Erklärungstafeln

Nach dem Bericht einer Historikerkommission über belastete Straßennamen in Graz wollen ÖVP und FPÖ nun ein Maßnahmenpaket umsetzen, das Zusatztafeln und Aufklärung vorsieht. Umbenennungen soll es aber keine geben.

Knapp vier Jahre lang hatte eine Expertenkommission die Grazer Straßen- und Platznamen historisch überprüft. Der mehr als 1.000 Seiten umfassende Abschlussbericht brachte 82 kritisch zu betrachtende Namen. 20 davon wurden von der Kommission im März des vergangenen Jahres gar als „höchst bedenklich“ eingestuft - darunter etwa die Conrad-von-Hötzendorf-Straße - mehr dazu in 20 „höchst bedenkliche“ Straßennamen in Graz.

Fünf Maßnahmen geplant

ÖVP und FPÖ planen nun fünf Maßnahmen, bestätigte das Büro von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) am Sonntag einen Bericht der „Kronen Zeitung“. Das Paket habe bei der kommenden Gemeinderatssitzung eine Mehrheit.

Keine Umbenennungen

Nagl und Regierungspartner Mario Eustacchio (FPÖ) halten aber fest: „Es gibt keine Umbenennungen von Straßen oder Plätzen. Auch wenn wir auf Teile unserer Geschichte nicht immer stolz sind, es ist ein Teil unserer gemeinsamen Vergangenheit. Wir wollen die Geschichte nicht auslöschen, sondern wir wollen aufklären, durch Bildung vor allem bei Kindern und Jugendlichen.“

Infoseite im Internet

Es soll auf der Website der Stadt Graz eine Informationsseite eingerichtet werden. Auf dieser sollen der Hintergrund zu Straßenbenennungen, der vollständige Historikerbericht und eine Kurzfassung zu finden sein.

Bücher und digitale Straßenkarte

Weiters ist für das Geodatenportal im Internet eine neu adaptierte Straßenkarte eingefügt worden. Auf dieser Karte kann mit Mausklick auf die Straße geklickt werden und die Beschreibung der Historikerkommission gelesen werden. Zusätzlich sollen alle Grazer Volksschul-, Neue-Mittelschul- und Gymnasiumsbibliotheken mit jeweils zehn Stück Straßennamenbüchern ausgestattet werden. Somit könne das Lehrpersonal im Sachkunde- und Geografieunterricht auf alle Grazer Straßennamen eingehen.

Jeweils zwei Erklärungstafeln

Alle personenbezogenen Straßen- und Platznamen sollen in den kommenden zehn Jahren jeweils zwei Erklärungstafeln - am Anfang und am Ende einer Straße, dort, wo es leicht zu bewerkstelligen ist - erhalten. Der Textierungsvorschlag für die Erklärungstafel kommt vom Kulturamt und wird im Planungsausschuss der Stadt Graz besprochen. Pro Jahr sollen 70 bis 90 Straßen und Plätze Erklärungstafeln erhalten. Gestartet werde mit den belasteten Namen.

1.630 Verkehrsflächen untersucht

1.630 Verkehrsflächen der steirischen Landeshauptstadt waren von der Kommission untersucht worden, 793 davon sind personenbezogen. Davon wurden 86 von vornherein als „unverdächtig“ ausgeschlossen. Die verbleibenden 707 wurden von der Kommission unter Leitung von Stefan Karner geprüft: 625 davon weisen keine historisch kritischen Ansätze auf, so die Schlussfolgerung. Aber 82 - das sind rund zwölf Prozent - sehr wohl.

Die „höchst Bedenklichen“

Die 20 „höchst bedenklichen“ Straßennamen sind laut den Experten: Alfred-Coßmann-Gasse, Ambrosigasse, Conrad-von-Hötzendorf-Straße, Dr.-Hans-Kloepfer-Straße, Dr.-Karl-Lueger-Straße, Dr.-Muck-Anlage, Dr.-Robert-Graf-Straße, Etrichgasse, Gustav-Hofer-Weg, Jahngasse, Jaritzweg, Kernstockgasse, Leo-Scheu-Gasse, Luigi-Kasimir-Gasse, Max-Mell-Allee, Nernstgasse, Pambergergasse, Pfitznergasse, Rudolf-List-Gasse und Walter-Semetkowski-Weg.

Erklärende Tafeln in Leoben

In Leoben fiel ein Beschluss zum Thema belastete Straßennamen bereits im Juni des Vorjahres: Drei Straßen, die nach NS-belasteten Personen benannt sind, sollen mit einer erklärenden Zusatztafel versehen werden - mehr dazu in Erklärende Tafeln für NS-Straßennamen in Leoben (10.4.2018).