Experte gegen Herztransplantationen in Graz

Fahrlässige Tötung wirft eine Witwe dem LKH Graz vor: Ihrem Mann war ein laut Gutachten verletztes Spenderherz eingesetzt worden - wenige Tage nach der OP starb er. Ein Spezialist fordert nun ein Aus für Herztransplantationen in Graz.

Bei der Operation im Jahr 2016 waren zwei Chirurgenteams parallel im Einsatz. Eines entnahm das Spenderherz, sagte die Anwältin der Witwe, Karin Prutsch, aber „das Herz war nicht vollständig entnommen. Es haben herznahe Gefäße gefehlt, und es gab massive Beschädigungen vom Spenderherz“. Prutsch berief sich dabei auf ein von einer Schlichtungsstelle in Auftrag gegebenes Gutachten.

Gutachten: Spenderherz stark beschädigt

Außerdem sei noch vor Kontrolle des Spenderherzens das Signal zur Entnahme des Empfängerherzens gegeben worden, so Prutsch: „Es war nicht mehr möglich, ihm sein altes Herz einzusetzen, und es musste ihm dann das stark beschädigte Spenderherz eingesetzt werden. Er ist dann einige Tage später gestorben.“

Der Sachverständige spreche von einem chirurgisch-technischen Problem: „Er begründet das mit mangelnder Fachkenntnis, mangelnder Erfahrung, mangelnder Übung oder ungenügender chirurgisch-technischer Fähigkeit, und er spricht von einem gravierenden Organisationsverschulden mit kommunikativem Versagen“, so Prutsch.

KAGes: Gegengutachten

Die Krankenanstaltengesellschaft KAGes hatte der Beauftragung des Gutachters zugestimmt, danach aber ein weiteres Privatgutachten eingeholt, sagte KAGes-Sprecher Reinhard Marczik. Das Einholen des zweiten Gutachtens wurde am Donnerstag bestätigt und verteidigt: Nach dem ersten Gutachten hätten die betroffenen Ärzte gesagt, dass die Interpretation des Sachverständigen nicht stimmen könne - darum habe die KAGes ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben; dieses komme zu anderen Ergebnissen als das erste, so Marczik. Außer Streit sei, dass es bei der Transplantationsoperation zu Komplikationen gekommen war - die Frage sei nun aber, ob diese ursächlich für den Tod des Patienten waren.

Anwältin Prutsch kritisierte, was der zweite Gutachter darüber schreibe, dass die Kontrolle des Spenderherzens nicht abgewartet wurde: „Er führt aus: In einem üblichen Durcheinander kann das irgendwie untergehen. Das ist für mich eine Argumentation, die nicht nachvollziehbar ist.“

Zahlung mit Verschwiegenheitsverpflichtung

Die KAGes bot der Witwe des 61-Jährigen eine Zahlung von 12.000 Euro an - allerdings ohne Schuldeingeständnis, so Sprecher Marczik. In dem Angebot waren auch diverse Klauseln enthalten - diese seien üblich und umfassten auch eine Verschwiegenheit über den Fall; obwohl es nach einer Einigung aussah, sei es aber zu keiner gekommen, hieß es von der KAGes.

Dass das Angebot mit einer Verschwiegenheitsverpflichtung verbunden war, habe wiederum die Witwe massiv verärgert, so Prutsch: „Meine Mandantin sieht das als Aktion, wo man sie kaufen will, zum Schweigen bringen will. Und sie hat gesagt, sie lässt sich nicht kaufen, ihr geht’s nicht ums Geld. Sie will die Personen zur Verantwortung ziehen, und diese Verantwortung ist nie übernommen worden seitens der KAGes.“

Klage angekündigt

Die Witwe und ihre Anwältin kündigten eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachts der grob fahrlässigen Tötung an und eine Klage auf 25.000 Euro Trauerschmerzensgeld plus Begräbniskosten. Dass sie erst jetzt an die Öffentlichkeit geht, begründete die Anwältin unter anderem damit, dass erst im Vorjahr durch das Gutachten die gravierenden Fehler bekannt geworden und das Schlichtungsverfahren in Gang gekommen sei.

Experte: Zu wenig OPs - zu wenig Erfahrung

Im vergangenen Jahr gab es am LKH Graz laut jetzigem Stand zwei Herztransplantationen, im Jahr 2017 wurde keine einzige durchgeführt. Bundesweit waren es allerdings 64 - das zeigt die Statistik des Instituts Gesundheit Österreich: 46 Herztransplantationen gab es in Wien, 18 in Innsbruck.

Drei Herztransplantationszentren seien zu viel für unser Land - mit dieser Formulierung ließ nun Ferdinand Waldenberger, Sachverständiger für Herzchirurgie, medizinischer Direktor des Klinikums Klagenfurt und Ethiker, aufhorchen: „Wir müssen das zentrieren, um gute Ergebnisse zu bekommen. In Österreich würde wahrscheinlich ein Zentrum genügen, aber man kann sich, sag’ ich jetzt mal, auch auf zwei einigen.“

Internationale Publikationen würden zeigen, dass die Ergebnisse deutlich schlechter seien, wenn an einer Abteilung weniger als zwölf Herztransplantationen pro Jahr durchgeführt werden - dem Team fehle dann einfach die Erfahrung. Auf die Frage, ob am LKH Graz künftig keine Herztransplantationen mehr durchgeführt werden sollen, meint Waldenberger: „Das würde ich mal unterstützen, ja.“

Skledar: Umgang bei Schadensfällen „unglaublich“

Auch die steirische Patientenombudsfrau Renate Skledar würde diese Forderung unterstützen - vorrangig aber gehe es ihrum die allgemeine Vorgehensweise der KAGes bei Schadensfällen, so Skledar, „dass man so lange sucht, bis man eine Möglichkeit findet, dass man rauskommt“.

Das sei auch im Fall des 61-Jährigen verstorbenen Herzpatienten gewesen, so Skledar: „Das ist ja unglaublich. Wie das gegenüber den Menschen wirken muss, da können sie ja schon pokern - bei eins zahlen wir, bei drei zahlen wir nicht, so sehe ich das!“ Und das sei nicht das erste Mal, dass die Rechtsabteilung der KAGes so agiere, kritisierte die Patientenombudsfrau.

Grüne: Schadensabwicklung „unwürdig“

Der Fall schlug am Donnerstag auch erste politische Wellen. Die steirischen Grünen bezeichnen die KAGes-Schadensabwicklung als „unwürdig“. Diese treibe Menschen in den Zivilprozessweg, so Gesundheitssprecherin Sandra Krautwaschl. Außerdem seien die Entschädigungssummen der KAGes außerordentlich niedrig - im gesamten Jahr 2017 waren es insgesamt nur 250.000 Euro, so Krautwaschl.

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