Brexit: Pharma-Industrie rüstet sich

Die Auswirkungen des Brexit wird auch die Pharmaindustrie zu spüren bekommen. Inwiefern es Engpässe bei der Versorgung mit Medikamenten geben könnte, ist fraglich. Der größte Pharmaanbieter Österreichs in Lannach ist vorbereitet.

Debatte: Großbritannien hat von der EU in Sachen Brexit einen Aufschub bekommen. Der 12. April ist der neue 29. März, wie es ein Diplomat ausdrückte. Wie verfahren ist die Situation in Großbritannien? Diskutieren Sie mit: Brexit: Was bringt die Verschiebung?

Gerot Lannach vermarktet in Österreich mehr als 100 Medikamente mit Schwerpunkt Schmerz, Herz-Kreislauf und Suchterkrankungen. Der Großteil der Produkte wird in Lannach und Wien hergestellt. Einige Roh- und Hilfsstoffe für die Medikamentenerzeugung müssen aus anderen Ländern zugekauft werden - auch aus Großbritannien.

Für den Fall eines ungeregelten Brexit mit Zollkontrollen und längeren Staus an den Grenzen hat das Unternehmen Lager für sechs bis zwölf Monate aufgebaut, schildert Andreas Gasser von Gerot Lannach: „Um in dieser Zeit nicht abhängig von Lieferungen zu sein, die irgendwo feststecken, haben wir hier in Lannach ein Lager für Rohstoffe aufgebaut, die wir aus England beziehen. Daher fühlen wir uns gewappnet für die erste Zeit - ohne dass es zu Verwerfungen in der Lieferfähigkeit kommt.“

Hoffen auf geordneten wirtschaftlichen Austausch

Konkret geht es um einen speziellen Wirkstoff für Schmerzmittel: „Wenn es da dauerhaft zu Problemen kommt, werden wir uns auf jeden Fall nach anderen Lieferanten umsehen, die sich qualifizieren müssen. Arzneimittel sind ja ein hochregulierter und kontrollierter Markt - man kann nicht einfach so die Lieferanten wechseln. Das sind Prozesse, die länger dauern. Im Endeffekt hoffe ich aber, dass sich nach einigen Monaten wieder ein geordneter wirtschaftlicher Austausch findet“, so Gasser.

Das bringt 2019 Medikamente Tabletten

APA/dpa-Zentralbild/Matthias Hie

Ein Großteil der Medikamente wird in Großbritannien hergestellt - und mehr als ein Fünftel aller in der EU zugelassenen Medikamente wurde bisher über eine britische Agentur zugelassen

Rund zwei Dutzend Medikamente des steirischen Unternehmens wurden in Großbritannien zugelassen. Hier habe man laut Gasser bereits Zulassungsstellen in anderen europäischen Ländern gefunden.

„Versorgung in keinem Fall gefährdet“

Von möglichen kurzfristigen Engpässen bei einem harten Brexit spricht Johann Harer vom steirischen Humantechnologie Cluster: „Für Produkte, die aus England kommen, eine kurze Lagerdauer haben und innerhalb weniger Wochen verwendet werden müssen, können keine großen Vorräte angelegt werden. Da kann es gerade im Bereich von Spezialmedikamenten vorkommen, dass das eine oder andere Medikament für kurze Zeit nicht verfügbar sein wird.“

Betroffen wären vor allem seltene Arzneimittel. Für den Großteil der Medikamente gebe es gleiche oder ähnliche Wirkstoffe auch von anderen Herstellern in Europa, versichert der Präsident der österreichischen Apothekerkammer, der Steirer Gerhard Kobinger, der die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten in keinem Fall gefährdet sieht.

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