Christchurch: Graz lässt Verbindungen prüfen

Nach dem Anschlag auf eine Moschee in Christchurch in Neuseeland mit 50 Toten wird jetzt auch eine Verbindung nach Österreich überprüft: Beim Sprecher der Identitären Bewegung Österreich hat eine Hausdurchsuchung stattgefunden.

Diese war im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz erfolgt. „Der Vorwurf, der geprüft wird, lautet ‚Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung‘“, bestätigte der Sprecher der Grazer Staatsanwaltschaft, Hansjörg Bacher. Konkret gehe es darum, ob Verbindungen zwischen Martin Sellner, dem Sprecher der als rechtsextrem geltenden Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) und dem Attentäter von Christchurch bestehen - mehr dazu in news.ORF.at.

Spende von 1.500 Euro

„Hintergrund ist eine Spende des Attentäters an den Beschuldigten bzw. an die Identitäre Bewegung Österreich in einem niedrigen vierstelligen Euro-Bereich“, bestätigte der Staatsanwaltschaftssprecher. Die Rede ist von 1.500 Euro. „Diese Spende ist bei unseren Ermittlungen wegen Finanzstrafvergehen aufgefallen und hat durch die Vorfälle in Neuseeland ein Gesicht bekommen. Nun wird in diesem Ermittlungsverfahren eine allfällig strafrechtlich relevante Verbindung geprüft“, so Bacher.

„Kein direktes Mitglied“

So hatte der Attentäter in seinem bizarren Manifest „Der große Austausch“, das er unmittelbar vor der Tat veröffentlichte, von Spenden geschrieben: Er sei kein direktes Mitglied irgendeiner Organisation oder Gruppe, obwohl er für viele nationalistische Gruppen gespendet habe und mit noch mehr Gruppen interagiert habe. Dass es in Europa einen Bevölkerungsaustausch gebe, ist übrigens eine zentrale These der Identitären.

Ein zweiter Österreich-Bezug ergibt sich aus der Reise des neuseeländischen Attentäters durch Europa Ende November, Anfang Dezember und mit einem Mietwagen durch Österreich sowie ein dritter aus der Aussage im Manifest: Ein Australier, der in Neuseeland lebt, sei ziemlich das Gleiche wie ein Österreicher, der in Bayern lebt. Sie würden weder ethnisch das Volk ersetzen noch die Kultur der Nation verändern. Das seien die gleichen Leute.

Für Staatsanwaltschaft und Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) relevant könnte auch ein Satz des Attentäters sein, in dem er von Soldaten in europäischen bewaffneten Kräften schreibt, die zu nationalistischen Gruppen gehören würden und die Hunderttausende seien. Viele davon seien in der Strafverfolgung in Europa tätig.

„Bewusst in die Sache hineingezogen“

In einem Video, in dem er die Hausdurchsuchung bei sich als Erster bekanntmachte, behauptet der Sprecher der Identitären: Mit der Überweisung habe ihn der Attentäter wohl bewusst in die Sache hineingezogen, damit eine friedliche patriotische Bewegung unter Druck gerate und in den Untergrund gehe - sprich radikalisiert werde.

Zwei unterschiedliche Schritte

Rechtsextremismusexperte Bernhard Weidinger von Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstands (DÖW) meint zu dieser These: „Das halte ich für abwegig. Die weit naheliegendere Erklärung, wieso es zu einer Spende kommt, ist, dass man eine Erzählung teilt, dass man über weite Strecken die Analyse teilt, was zu geschehen habe. Die Völker sollen sozusagen entmischt werden.“

Es gebe also starke ideologische Überschneidungen, doch „ein sehr wesentlicher Unterschied ist, welche Konsequenzen man zieht. Auch da gibt es Überschneidungen. Aber den Schritt zur bestialischen Gewalt, den der Attentäter gewählt hat, das ist ein Schritt, den die Identitären bekunden, nicht setzen zu wollen.“

Datenträger werden analysiert

Das BVT hat übrigens auch Sellners Computer und Handy beschlagnahmt. Nach der Sichtung und Auswertung der Datenträger wird der entsprechende Polizeibericht bei der Staatsanwaltschaft erwartet.

Im Vorjahr gab es in Graz einen Prozess gegen 17 Mitglieder der Identitären Bewegung Österreichs - darunter auch Sellner - wegen Verhetzung und der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Alle Angeklagten wurden damals von diesen Vorwürfen freigesprochen - mehr dazu in OLG bestätigt Freisprüche im Identitären-Prozess.