LKH Graz stoppt Herztransplantationen vorerst

Nach mehreren Zwischenfällen werden am LKH Graz vorerst keine Herztransplantationen mehr durchgeführt. Das hat die Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) am Mittwoch bekanntgegeben. Man wolle aber mittelfristig ein Herz-Kompetenzzentrum errichten.

Zwei Todesfälle am LKH Graz kamen in den vergangenen Wochen an die Öffentlichkeit. Mehr dazu in Experte gegen Herztransplantationen in Graz (14.3.2019), Herz-OP: Erstgutachter weist Kritik zurück (16.3.2019) und Statt Herz-OP zum Zahnarzt: 70-Jähriger starb (23.3.2019). Die KAGes und das LKH Graz zogen am Mittwoch die Konsequenzen und teilten mit, sich aufgrund der derzeitigen öffentlichen Diskussion dazu entschlossen zu haben, das Herz- und Transplantationsprogramm bis auf Weiteres auszusetzen.

Neuausrichtung geplant

„Bis auf Weiteres bedeutet nicht, dass wir aufhören werden. Es bedeutet, dass wir das Peer-Review-Verfahren in erster Linie abwarten werden. Es bedeutet aber auch, dass wir vorhaben, ein Herz-Kompetenzzentrum aufzubauen“, sagte Wolfgang Köle, der ärztliche Direktor des LKH Graz. Das Gesundheitsministerium wird in den kommenden Monaten die Vorgänge an der Herzchirurgie überprüfen.

Mittelfristig solle der Kompetenzbereich neu aufgebaut werden, teilte die KAGes in einer Aussendung mit. Der Vorstandsvorsitzende der KAGes, Karlheinz Tscheliessnigg, sagte: „Bei Herztransplantationen handelt es sich um äußerst seltene, hochkomplexe Operationen, welche die volle Aufmerksamkeit und höchstmögliche Konzentration des gesamten Herztransplantationsteams benötigen. Daher nehmen wir jetzt den Druck heraus und bauen diesen Bereich neu auf.“

Er ist der Meinung, dass zwei Zentren österreichweit für Herztransplantationen - in Wien und Innsbruck - nicht ausreichen. Immer noch würden „zu viele Patienten auf der Warteliste versterben.“ In der Steiermark gebe es so viele Spender, dass man auch Kärnten und das Burgenland versorgen könne, so Tscheliessnigg.

„Schadensfälle machen 0,1 Promille aus“

Insgesamt werden laut KAGes jährlich rund 900.000 Patienten am Grazer Universitätsklinikum behandelt. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 119 Schadensfälle, die von den betroffenen Patienten oder deren Angehörigen vorgebracht wurden. Es handle sich dabei um einen Anteil von 0,1 Promille, so Köle: „Ich fordere im Namen der Patienten und der Mitarbeiter die öffentlichen Kritiker dazu auf, die Diskussion sachlich korrekt zu führen, denn unsere Mitarbeiter erbringen tagtäglich medizinische und pflegerische Leistungen auf höchstem Niveau“, sagte Köle.

60 Prozent der Fälle würden von der Schlichtungsstelle sowieso „nachhause geschickt, weil die Beschwerden offensichtlich nicht adäquat für die Schlichtungsstelle sind“, sagte Tscheliessnigg. Es gelte nun, das Vertrauen der Patienten wieder zu erlangen.

„An der Grenze des Möglichen“

Er verwies darauf, dass auch die Medizin an ihre Grenzen stoßen kann: „Es ist nun mal eine Arbeit an der Grenze des Möglichen. Und trotz allem Einsatz, trotz aller richtigen Tätigkeiten muss man akzeptieren, dass es auch manchmal nicht funktioniert – ohne dass man etwas falsch gemacht hat.“ Auch bei dem Apollo-Programm seien Astronauten gestorben, obwohl „eine Unzahl von Super-Technikern unterwegs war“ und Flugzeuge würden abstürzen, obwohl das „angeblich die sicherste Technologie ist, die uns zur Verfügung steht“, so Tscheliessnigg. Das heiße, der Mensch bleibe immer fehleranfällig.

Patienten werden von anderen Zentren übernommen

Jene zehn Personen, die aktuell auf ein Spenderherz warten, werden umgehend von einem der beiden Zentren in Österreich übernommen. Damit sei eine lückenlose medizinische Weiterbetreuung sichergestellt, so die KAGes. Im Jahr 2018 wurden in Graz vier Herztransplantationen durchgeführt. Ziel sei es, in Zukunft die Fallzahlen auf ein höheres Niveau zu bringen, ergänzte der ärztliche Direktor des LKH-Universitätsklinikums Graz, Wolfgang Köle.

LKH und KAGes wehren sich

In den letzten Tagen sei das LKH-Universitätsklinikum Graz mehrmals Gegenstand von kritischer medialer Berichterstattung geworden, hieß es in der Aussendung weiter. Inhalt seien aktuelle und teilweise auch bereits längere Zeit zurückliegende Behandlungsfälle, die entweder Gegenstand eines Schlichtungsverfahrens oder einer gerichtlichen Auseinandersetzung wurden. „Ich möchte festhalten, dass wir jeden einzelnen dieser Fälle und das damit verbundene menschliche Schicksal bedauern. Allerdings möchte ich die von der Patientenanwältin und von Rechtsvertretern getätigte Darstellung, dass am LKH-Universitätsklinikum Graz überdimensional viele Fehler passieren würden, entschieden zurückweisen“, sagte Köle.

„Konsensweg verlassen“

KAGes-Vorstand Tscheliessnigg ergänzte: „Leider ist dadurch in der Öffentlichkeit ein Eindruck entstanden, der in keiner Weise mit der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des LKH-Universitätsklinikums Graz übereinstimmt. Das ist bedauerlich, aber leider auch Resultat einer Haltung, die dem Verlassen des Konsensweges bei der gemeinsamen Aufarbeitung von Schadensfällen durch die Vertreter der Patienten geschuldet ist.“

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