Wo Grenzen zu Kunst werden

Nach dem Schengener Abkommen sind bei uns Zollämter überflüssig geworden. Sie wurden abgerissen, verwaist, oder sie werden neu genutzt. In Bad Radkersburg wurden nun zwei Zollgebäude zu Kunsträumen umfunktioniert.

Seit dem Abbau der Grenzbalken rauscht der Autoverkehr flott vorbei; die Ein- und Ausreisegebäude der Grenzbeamten am ehemaligen slowenischen Grenzübergang Bad Radkersburg standen jahrelang leer. Nun wurden sie vom Verein „EVIS“ ersteigert, um ihnen neues Leben einzuhauchen.

Zollamt Radkersburg als Kunstraum

Werkstadt Graz

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 26.11.2012

Vom Büro zur Galerie

„Die Idee ist relativ lange gereift, es war ein Prozess von fast zehn bis 15 Jahren“, sagt Initiator Joachim Baur. Nach dem Umbau fungiert der symbolträchtige Ort nun als Kunstraum: In den einstigen kleinen Büros der Grenzbeamten fanden Werke von Künstlern wie Franz West oder Josef Schützenhöfer ihren Platz an den Wänden und in den Vitrinen.

Nachnutzung öffentlicher Gebäude

„Das Zollamt meint eben auch eine Idee einer Nachnutzung von öffentlichen Gebäuden, und wir sprechen da ganz tiefe Dinge an wie eben die Angst. Wir sind da an der österreichischen Grenze, und wir erinnern uns alle an die Angst, die wir empfunden haben, wenn wir an die Grenze gefahren sind. Diese Angst möchten wir gerne umwandeln in ein Zivilisationsprojekt, deshalb steht das auch im Zeichen der Zivilisation“, so Baur.

Keine Grenzen für künstlerische Bespielung

Was die Bereiche der Kunst im Zollamt betrifft, ist man ganz offen: „Wir bauen jetzt ungefähr ein Jahr lang um, und wir sehen die rege Anteilnahme der Bevölkerung. Wir haben natürlich hier das Grenzgebiet im Auge, also Slowenien, Kroatien, Ungarn, Österreich, aber natürlich gehen unsere Fühler viel weiter hinaus. Für 2013 haben wir ein Projekt mit der Alfred University aus New York geplant, wo fünf Studenten kommen werden, die hier als Gastkünstler leben und die hier ein Projekt realisieren werden“, verrät Baur.

Zollamt Radkersburg als Kunstraum

Werkstadt Graz

Einer der ersten Besucher des neuen Kunstraumes Zollamt war Josef Stöckler: Er arbeitete jahrelang im Zollamt als Kommandant der Grenzgendarmerie und sieht die Wandlung des Gebäudes pragmatisch: „Ja, es ist so. Früher waren die Grenzen absolut notwendig, heute gibt es keine Grenzen mehr, und ich bin stolz, dass wir jetzt eine Verwendung für das Gebäude haben.“

Eine neue Ära für die Initiatoren

Für die Zollamts-Erfinder ist das Projekt ein Aufbruch in eine neue Ära. Als kulturphilosophischer Eröffnungsgast kam auch Künstler und Kulturtheoretiker Bazon Brock vorbei: „Jetzt wird das Zollamt in das Museum verwandelt, also in die Vergleichbarkeit. Das ist ein genereller Vorgang, den man als Zivilisierung der Kulturen bezeichnet, das heißt, man zeigt den Kulturen, worin ihre Möglichkeit besteht, etwas Einmaliges zu sein und zwar, indem man sie zueinander setzt und dann im Vergleich die Kriterien entwickelt, die für alle gelten, also ihnen sagen kann, dass sie nur in Beziehung aufeinander Anspruch auf ihr einmaliges Dasein haben, und das ist das neue Konzept der Zivilisation.“

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