Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ in Graz

Elfriede Jelineks „Die Schutzbefohlenen“ wird am Dienstagabend in Graz auf die Bühne gebracht. Im Wiener Audimax wurde das Stück vor wenigen Wochen von Angehörigen der Identitären gestört.

2013 setzte sich Elfriede Jelinek in ihrem Text „Die Schutzbefohlenen“ mit der Flüchtlingspolitik und den Flüchtlingen, die damals in der Votivkirche untergebracht waren, auseinander, vergangenes Jahr erweiterte sie ihn aus gegebenem Anlass. Der Text von Jelinek wurde von der Gruppe „Die schweigende Mehrheit“ aufgegriffen und als Theaterstück gemeinsam mit Schutzsuchenden auf die Bühne gebracht. Nicht zuletzt die Störaktion von Angehörigen der Identitären bei der letzten Aufführung im Wiener Audiomax hat für Schlagzeilen gesorgt.

"Die Schutzbefohlenen"

APA/ Hans Klaus Techt

„Schutzbefohlene performen Jelinkes Schutzbefohlene“ ist Dienstag um 19.00 Uhr im Orpheum zu sehen.

Männer, Frauen, Kinder auf der Bühne

Am 24. Mai kommt das Stück nach Graz. Rund 40 Männer, Frauen und Kinder stehen auf der Bühne, die als Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind und in Traiskirchen untergebracht waren. Dort hat auch das Projekt „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ seine Wurzeln.

„Seltsame, schöne Erfahrung“

Mit einem Menschenrechtschor habe alles begonnen, es folgten Proben in der örtlichen Musikschule, so Bernhard Dechand vom Kollektiv „Die schweigende Mehrheit“: „Wir haben mit den Leuten geredet, geholfen. Es war nicht nur eine Theaterprobe. Die Reaktion der Leute war gut, es war für uns alle eine sehr seltsame, aber schöne Erfahrung, miteinander zu proben.“

Den Menschen eine Stimme geben

Auf der Grundlage von Jelineks Text hat man gemeinsam einen Abend geschaffen, der vor allem eines will - den Menschen eine Stimme geben und nicht über sie sprechen. „Elfriede Jelinek war damals in der Votivkirche und hat mit den Flüchtlingen gesprochen. Der Text besteht zum Großteil daraus, sich in die Situation der Flüchtlinge hineinzudenken und mit ihrer Sprache das auszudrücken. Die Flüchtlinge haben sich in vielen Sätzen wiedergefunden und haben gesagt, ja, darum geht es: Wann sind wir wieder wer“, sagte Tina Leisch vom Kollektiv.

Hilfe im Alltag

Das Engagement des Kollektivs geht weit über die Theaterproduktion hinaus."Wir organisieren bis heute Wohnungen, Laptops, gehen mit den Leuten zu den Asylgesprächen. Wir haben auch so etwas ins Leben gerufen wie eine Patenschaft. Dass sich Österreicher einem unserer Schutzbefohlenen als Paten zur Verfügung stellen, mit ihm spazieren oder ins Kino gehen, damit eben Integration stattfinden kann", so Dechand.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“; 23.05.2016

Zweiteilung überwinden

Neben dem Stück selbst finden bei allen Aufführungen anschließende Gesprächsrunden mit dem Publikum statt. „Jelineks Texte besteht aus dem Wir der Österreicher und dem Wir der Flüchtlinge. Und wir versuchen in der zweiten Stunden und in den Interviews im Stück, diese Zweiteilung zu überwinden und anderer Gemeinschaften herzustellen“, so Leisch.

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