Wenn ein Buch die Mur erzählen lässt

453 Kilometer von Salzburg bis nach Legrad an der kroatisch-ungarischen Grenze zieht sich die Mur durch Mitteleuropa. Autor Franz Preitler lässt sie in seinem neuen Buch „Was die Mur erzählt“ mit Sagen und Legenden zu Wort kommen.

„An einem Fluss zu leben bedeutet, am Fluss der Zeit zu leben. Diese vergeht heute wesentlich schneller als zuvor und wird weniger von tückischen Stromschnellen als vielmehr von äußeren Einflüssen bedroht“, schreibt Franz Preitler in seinem Buch „Was die Mur erzählt“. Trotzdem scheint die literarische Gattung der Sagen allen Stürmen der Zeit zu trotzen.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 9.10.2016

Die Geschichten seien nach wie vor beliebt, weil die zu Grunde liegenden moralischen Ansprüche die gleichen geblieben sind: „Wenn man gierig war, wenn man neidisch war, dann hat einen der Teufel bestraft, dann ist das Unglück über einen hereingebrochen, dann ist das Schlechtwetter über die Ernte der Bauern gekommen. Und ich denke, gerade aus diesem Grund lesen junge Leute in den Schulen - das freut mich sehr - aber auch ältere Leute, gerne wieder diese Geschichten“, erklärt Preitler.

Von der Schöcklhexe bis zum Schatzsee bei Leoben

Das sind dann Klassiker wie jene von der Schöcklhexe oder dem Drachentöter von Mixnitz, aber auch seltener Erzähltes wie die Geschichte vom Schatzsee bei Leoben: Gegen das Donawitzer Tal hin steht nördlich der Stadt Leoben der Bärenkogel, dessen Name wie andere Bezeichnungen an den einstigen Wildreichtum auch in der Nähe größerer Siedlungen erinnert. Tief im Inneren dieses Berges soll sich ein See befinden, dessen Sand goldhaltig ist.

Cover

Sutton

Buchtipp:

„Was die Mur erzählt. Sagen und Legenden zwischen Quelle und Mündung“ von Autor Franz Preitler und Illustrator Martin Cremsner (ISBN: 978-3-95400-727-1) ist im Sutton Verlag erschienen und kostet rund 20 Euro

Vor 200 Jahren kamen jedes Jahr drei Italiener, übernachteten in einem Wirtshaus und stiegen dann auf den Bärenkogel; was sie dort taten, erfuhr niemand. Als sie wieder einmal nach Leoben kamen und diesmal besonders lange nicht von ihrer Tour zurückkehrten, ging ihnen ihre Wirtin nach und fragte sie, als sie endlich auftauchten, ob sie denn nicht bald zum Mittagessen kämen? Sie bekam zur Antwort, das sei nicht mehr nötig, denn sie hätten ihre Arbeit bereits beendet und wollten gleich wieder nach Welschland zurückkehren. Aus prall gefüllten Säcken, die sie mit sich trugen, leuchtete es golden heraus...

Den Sagen und Legenden auf der Spur

Für sein Buch hat Franz Preitler den gesamten Lauf der Mur bereist, in lokalen Bibliotheken recherchiert und mit den Menschen in den Regionen gesprochen, die ihm ihre Sagen erzählt haben.

Dabei entdeckte der in Langenwang und Graz lebende Schriftsteller Gemeinsames - aber auch Trennendes - in der Sagenwelt an der Mur: „Es gibt Wandersagen, die die Slawen mitgebracht haben. Im südlichen Teil - Ungarn, Kroatien - hat man dann die Könige, da geht es auch um Zahlen: Immer drei mal drei, sieben mal sieben.“

Über pflichtbewusste Väter und sprechendes Obst

Ein Beispiel dafür ist etwa die Sage von der redenden Weintraube: Es war einmal ein König, der hatte drei Töchter. Einmal reiste der König auf den Jahrmarkt und sprach zu seinen Töchtern: „Was soll ich euch vom Markte mitbringen, liebe Kinder?“ Die Älteste sagte: „Mir ein goldenes Kleid, süßer königlicher Vater.“ Die Zweite sprach: „Mir ein Kleid von Silber.“ Aber die Dritte: „Mir eine redende Weintraube, einen lachenden Apfel und einen klingenden Pfirsich.“ „Gut“, sagte der König und fuhr weg.

Auf dem Markte kaufte der König gleich für seine zwei Mädchen die Kleider, aber die redende Weintraube, den lachenden Apfel und den klingenden Pfirsich konnte er trotz all seiner Bemühungen und Nachfragen nicht finden ... ob er sie nicht vielleicht doch findet, kann man aber nachlesen - in „Was die Mur erzählt, über 50 Sagen und Legenden zwischen der Quelle und der Mündung“ von Franz Preitler.

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