Gut getarnt im steirischen herbst

Drei Ausstellungen des steirischen herbstes befassen sich mit der Wahrnehmung von urbanen Lebensräumen: Akademie Graz und Kunstraum Reagenz zeigen multimediale Installationen, ein steirischer Künstler gibt sich gut getarnt.

Sein Ursprung liegt in der Natur - Raubtiere sowie Fluchttiere bleiben dadurch unentdeckt; heute wird es in erster Linie für militärische Zwecke genutzt oder ist schlichtweg Mode: Seit rund 15 Jahren beschäftigt sich Künstler Walter Köstenbauer mit dem Tarnmuster.

Kriegerische Ausstrahlung eines Zwerges

In seiner Ausstellung im Rahmen von Kultur in Graz will Köstenbauer verschiedene Spielarten ausprobieren, „mit der Ästhetik und der Bedeutung des Tarnmusters, das ja ursprünglich eine sehr kriegerische Ausstrahlung hat. Trotzdem über die Fronten hinweg ganz tief in den Alltag hineinwirkt“, so der Künstler. In neuen Arbeiten spielt Köstenbauer ironisch mit dem Muster, enttarnt und entarmt Gartenzwerge, die den rechten Arm ähnlich einem Hitler-Gruß erhoben hatten. „Das kommt davon“, so sein schlichter Kommentar.

Ausstellungen

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Ein Gartenzwerg in Tarnkleidung als Teil der Ausstellung

Doch auch bedrückend kritische Verweise finden sich in der Schau: eine zerstückelte Schaufensterpuppe etwa, ein Plastiksack über dem Kopf, gestapelt in einer Scheibtruhe - als Fingerzeig auf den Koreakrieg.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 8.10.2018

Muster mit Unschuld

Warum tragen Menschen eigentlich Tarnkleidung? Dieser Frage geht Köstenbauer seit vielen Jahren anhand einer Fotoserie nach: „In vielen Interviews mit den Leuten, die sich zur Verfügung gestellt haben für die Fotos, habe ich herausgehört, dass es eine extrem praktische Kleidung ist. Eine Frau auf einem Campingplatz hat mir erzählt, dass sie jetzt drei Mal weniger waschen muss, seitdem die Buben dieses Material tragen. Da bin ich selber zur Erkenntnis gekommen, dass wir in unserer Jugendzeit Army-Jacken getragen haben, trotzdem ist aus mir ein Zivildiener geworden und nicht ein Soldat. Deshalb versuche ich auch, diesen Mustern soweit es geht, eine Unschuld zurückzugeben."

Mitten am Marktplatz in Kairo

Betrat man während des musikprotokolls in der Akademie Graz die audiovisuelle Installation „The Magma“, so stand man plötzlich mitten in Kairo. Der ägyptische Künstler Ahmed el Gazoly aka ZULI verwob Video- und Tonsequenzen zu einem kaleidoskopartigen, 360 Grad-Blick auf oder besser in seine Heimatstadt. In der Mitte der Installation stehend kämpft man sich durch tosende Markplätze und chaotische Straßenkreuzungen. Ein Strudel aus Menschen und Mächten, der im Rahmen des musikprotokolls erstmals in Österreich zu sehen war.

Geräusche und Risse aus Graz

Im Kunstraum Reagenz zeigen Nayari Castillo, Reni Höfmüller, Miriam Raggam und Hanns Holger Rutz die vielteilige Installation zum aktuellen limelab-Hörstück. Es heißt „Mäanderungen - eine akustische Vermessung der Stadt“. Das Künstlerkollektiv scannte Graz, nahm Geräusche auf, transkribierte Beobachtungen, um daraus eine Partitur zu schreiben, erzählt Nayari Castillo: „Zum Beispiel haben wir den Himmel beobachtet oder Wasser-Flussgeräusche oder Regen. Da haben wir einfach die Landschaft von Graz aufgenommen.“

Ausstellungen

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Den hör- und sichtbaren Fingerabdruck von Graz kann man noch bis Sonntag betreten.

Hörbar wird die nun nicht einfach über Lautsprecher, sondern über fassbare Spuren aus der Stadt: Straßenabdrücke aus Keramik, Regenwasserbecken oder Fensterscheiben.

Veranstaltungstipp

Der steirische herbst geht heuer bis 14. Oktober über die Bühne.

„Volksfronten“ beim steirischen herbst

Unter dem Motto „Volksfronten“ sollen heuer beim steirischen herbst „Überzeugungen erschüttert werden“, so Intendantin Ekaterina Degot bei der Eröffnung - mehr dazu in „Herbst“ will „Überzeugungen erschüttern“. Kernstück der 51. Ausgabe des ältesten europäischen Festivals für Gegenwartskunst ist ein Mix aus Installationen, Performances und diskursiven Arbeiten - mehr dazu in Der steirische herbst erfindet sich neu.

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