Bürger erobern das Grazer Schauspielhaus

Ein klassisches Stück - aber ganz und gar nicht klassisch inszeniert: Für „Schöne neue Welt: Leonce und Lena suchen einen Ausweg“ öffnet das Grazer Schauspielhaus eine seiner Bühnen nur für Laien-Darsteller.

Im Rahmen des dreiteiligen Projekts „Bürger*innenbühne“ waren und sind Menschen aus der gesamten Steiermark aufgerufen, gemeinsam mit Theaterprofis in mehrwöchiger Probenarbeit ein Stück zu einem vordefinierten Thema zu entwickeln und auch gleich selbst auf die Bühne zu bringen.

Über Burnout und Boreout

Den Anfang macht die Produktion „Schöne neue Welt: Leonce und Lena suchen einen Ausweg“ unter der Regie von Simon Windisch. Orientiert an Georg Büchners Komödie, geht es um die Phänomene „Burnout“ (Ausgebrannt-Sein) und „Boreout“ (Zustand ausgesprochener Unterforderung) sowie um gesellschaftliche Zusammenhänge zwischen Erwerbsarbeit und Selbstdefinition. Das Interesse an der Teilnahme für die Pilotproduktion war unerwartet hoch: Aus rund 100 Bewerbenden wurden neun ausgewählt, erzählt die Ensemble-Betreuerin und Theaterpädagogin Julia Gratzer.

"Schöne neue Welt"

Schauspielhaus Graz/Lupi Spuma

Eine der Auserkorenen ist die Geriaterin Gundula Biemann: Sie habe im Rahmen einer Humor-Therapieausbildung in der Schweiz den Tipp bekommen, sich selbst als Schauspielerin zu versuchen; das Motiv für ihre Bewerbung bei dem Projekt sei aber eher ein persönliches denn ein berufliches gewesen, nämlich „etwas ganz Neues zu machen und an die eigenen Grenzen zu gehen“.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 25.1.2019

„Spannend, bereichernd, intensiv“

Ihre Erfahrungen mit der Theaterarbeit - geprobt wird seit Mitte November - beschreibt sie als „sehr spannend und bereichernd“, aber auch als „sehr intensiv“. Neben dem Beruf im Krankenhaus, den sie „nebenher“ vollzeitlich ausübt, artete die Probenarbeit „gelegentlich auch in Stress“ aus - dennoch freut sie sich schon sehr auf die Vorstellungen.

"Schöne neue Welt"

Schauspielhaus Graz/Lupi Spuma

Ein anderer Neo-Schauspieler ist der Musiker und Maler Hannes Schauer. Für ihn ist die kollektive Erfahrung im Team mit anderen Menschen auf der Bühne eines der Motive für die Bewerbung. Auch das Thema Burnout-Boreout ist für ihn maßgebend: „Extreme interessieren mich.“ Auch kenne er beide Phänomene aus eigener Erfahrung.

„Ein gemeinsames Experiment“

Schauspielhaus-Intendantin Iris Laufenberg nahm sich für ihr Projekt ein Erfolgskonzept des Staatsschauspiel Dresden zum Vorbild, das dort seit mehreren Jahren läuft. Im Wesentlichen geht es darum, zu vorbestimmten Themen Geschichten aus der Bevölkerung zu sammeln und diese mit professioneller Leitung und Begleitung auf die Bühne zu bringen. „Es geht nicht um Laientheater, sondern um die Erschließung neuer Lebens- und Theaterräume und die Einbeziehung von Grazern und Steirern. Die Bürger*innenbühne ist ein gemeinsames Experiment.“

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Kein Laientheater

Theaterinteressierte Laien erarbeiten im Rahmen der „Bürger*innenbühne“ unter professioneller Anleitung ein Stück.

Die weiteren „Bürger*innenbühnen“ laufen unter den Motti „Schöne neue Welt: Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ und „Schöne neue Welt: Familie 2.0“, für letztere werden auch noch Darsteller gesucht. Zudem ist eine Fortführung der „Bürger*innenbühne“ in den kommenden Theatersaisons angedacht.

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