Ein Opfer sensationsgeiler Medien

Die Macht der Medien ist derzeit im Next Liberty in Graz Thema: „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ ist ein Stück aus den 70er-Jahren, das sich mit der Manipulation durch Zeitungen und dem Spiel mit der Wahrheit beschäftigt.

Katharina Blum, eine unbescholtene junge Frau, verliebt sich – nichts ahnend – in einen gesuchten Bankräuber. Nachdem sie die Nacht zusammen verbracht haben, wird Blum von einer Zeitung sofort als gefährliche Verbrecherin und Komplizin abgestempelt. Der Journalist Werner Tötges schnüffelt in Blums Leben, Aussagen Bekannter über die junge Frau werden von ihm aus Sensationsgier völlig verdreht.

Die Rache am Journalisten

So zerstört die Medien-Hetze in nur vier Tagen das Leben und die Ehre der Katharina Blum, erklärt deren Darstellerin Yvonne Klamant: „Die Mächte, denen sie ausgeliefert ist, die fangen an, sie zu brechen - sei es der Staat in den Vernehmungen, sei es die Presse, sind es die Leute, die sie hinstellen und als Figur beschreiben, die sie nicht ist.“

Katharina Blum nimmt schließlich tödliche Rache am Journalisten Tötges. Diese Fakten stehen schon in der Erzählung des deutschen Schriftstellers Heinrich Böll von Beginn an fest – sie bietet die Grundlage für „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“. Es geht also nicht um die Frage nach Schuld, sondern darum, was Katharina Blum zu dieser Tat verleitet hat.

Tragische Konstruktion

Auch der vielfach ausgezeichnete Autor und Regisseur Kristo Sagor rollt die Geschichte im Next Liberty in Rückblenden auf, und er belässt sie auch in der Zeit ihrer Entstehung – nämlich in den 70er-Jahren. Der Stoff im Kern ist aber zeitlos, meint Sagor: „Ein Mensch, der sich nichts zuschulden kommen lassen hat, wird zerstört, rächt sich und hat sich damit plötzlich was zuschulden kommen lassen. Eine ganz großartige tragische Konstruktion, und wenn man in die Haarrisse des Textes reingeht, sieht man, der ist komplett durchkonstruiert, und er sagt ganz viel über Zivilgesellschaft.“

In falsches Licht gerückt

Sagor hat den Text auf sechs Personen aufgeteilt. So entwickelt sich ein Spiel über die Suche nach Wahrheit aus verschiedenen Blickwinkeln. Ein medienkritisches Spiel, das auch in Zeiten des Internets nichts an Schärfe und Gültigkeit verloren hat, betont Kristo Sagor: „In der Zeit von Trump und fake news ist das Thema leider aktueller denn je.“

„Wie schnell kann das heute gehen, dass durch einen Kommentar oder einen Tweet ein Mensch plötzlich in ein Licht gerückt wird, in das er nicht gehört“, meint auch Klamant. „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Next Liberty ist ein hochbrisantes, spannendes Spiel, das gerade junge Menschen dazu auffordert, Medien und Sprache genau zu hinterfragen.

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