Grazer Forscher wollen Kreativität vorhersagen

Kreative Lösungen auf anstehende Probleme zu finden, spielt in vielen Lebenssituationen eine wichtige Rolle. Grazer Forscher wollen dabei helfen und haben ein neurowissenschaftliches Verfahren zur Vorhersage von Kreativität entwickelt.

Kreatives Denken kann durch äußere Rahmenbedingungen gefördert oder behindert werden, in der Kunst ebenso wie in der Wissenschaft, der Wirtschaft oder im Alltag. Was aber spielt sich im Gehirn ab, wenn Personen als Lösung einer Aufgabe neuartige, originelle Ideen hervorbringen? Das versuchen unter anderem die Kreativitäts-Forscher Andreas Fink und Mathias Benedek am Institut für Psychologie der Universität Graz herauszufinden. Sie haben zuletzt an einer Studie mitgearbeitet, die aufzeigt, wie über die Auswertung von Gehirnaktivierungsmuster eine Vorhersage der individuellen menschlichen Kreativität möglich wird. Damit könnte das jeweilige Kreativitätspotenzial erkannt und möglicherweise auch noch gefördert werden.

„Die eine kreative Region im Gehirn gibt es nicht“

Mit modernsten Methoden wie beispielsweise funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) versuchen Forscher das Funktionieren des komplizierten „Schaltplans“ des menschlichen Gehirns, das sogenannte Konnektom, aufzuschlüsseln. Denn das menschliche Gehirn besteht zwar aus spezialisierten Regionen, doch zur effizienten Informationsverarbeitung ziehen mehrere Regionen an einem Strang. „Die eine kreative Region im Gehirn gibt es nicht“, wie der Psychologe und Neurowissenschafter Fink betont.

An der Uni Graz werden seit rund einem Jahrzehnt entsprechende neurophysiologische Messungen durchgeführt. „Wir wissen durch unsere langjährigen Studien, dass sich kreatives Denken nicht nur in der Aktivierung bestimmter Gehirnregionen widerspiegelt, sondern insbesondere auch in der Art, wie große Gehirnnetzwerke interagieren“, führt Benedek aus. In Kooperation mit Kollegen von unter anderem der Harvard University (USA) und China sind die Grazer Forscher mithilfe des sogenannten Connectome-based predictive modeling (CPM), das auf fMRT-Daten basiert, den Vorgängen im Gehirn auf der Spur.

Daten von 163 Testpersonen ausgewertet

Wie die jüngste Studie zeigte, interagieren beim kreativen Denken Netzwerke, die sonst eher unabhängig sind oder sogar gegenläufige Aufgaben haben. Insgesamt wurden die internationalen Daten von 163 Testpersonen, die sich in die MRT-Röhre legten und dabei eine einfache alltägliche Kreativitätsaufgabe zu lösen hatten, ausgewertet - unter ihnen auch Daten von Grazer Probanden. So habe sich im Vergleich von einander unabhängigen Datensätzen ein charakteristisches Zusammenspiel von Netzwerken gezeigt, wenn besonders kreative Lösungen gefragt waren.

Diese Netzwerke spielen zum einen im Zusammenhang mit Tagträumen und Ruhezuständen eine Rolle, aber auch mit starken Kontroll- und Gedächtnisfunktionen. Bei kreativen Personen war die Interaktion zwischen diesen Netzwerken so ausgeprägt, dass sogar eine Vorhersage von individuellem Unterschied in der Kreativität möglich ist", schilderte Benedek. Weiters habe sich gezeigt, dass bei den besonders kreativen Probanden auch im Ruhezustand charakteristische funktionelle Netzwerke miteinander interagierten. „Das Tolle an der vorliegenden Studie ist, dass sich dieses Zusammenspiel über die Labors und Arbeitsgruppen hinweg bestätigt hat“, freut sich Fink über die Studienergebnisse.

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