„Neue Juden“: Kurzmann steht zu Strache

Die Wogen rund um den „Neue Juden“-Sager von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gehen hoch. Landesparteichef Gerhard Kurzmann stellt sich hinter Strache. Für den Grazer Historiker Helmut Konrad sind die Aussagen „unentschuldbar“.

Mit seinem Vergleich von Besuchern des Burschenschafterballs mit verfolgten Juden im Dritten Reich sorgte Strache für einen Eklat - doch der FPÖ-Bundesparteiobmann will diesen Vergleich gar nicht gezogen haben, zumindest nicht direkt, wie er Dienstagabend in der ZIB2 sagte.

„Völlig falsch und aus dem Zusammenhang“

Er habe in einer Diskussion lediglich erklären wollen, wie „totalitäre Massenpsychosen“ wie seinerzeit im Dritten Reich entstünden. Seine Aussagen seien „völlig verdreht“ wiedergegeben worden - mehr dazu in „Neue Juden“: Strache sieht sich missinterpretiert (news.ORF.at).

Gerhard Kurzmann

ORF

Kurzmann: Keine „Vergleiche mit der Vergangenheit strapazieren“

Gegen historische Vergleiche

Der steirische Landesparteichef Gerhard Kurzmann steht hinter Strache, betonte aber auch, dass man als Politiker mit historischen Vergleichen vorsichtig sein müsse: „Der Bundesobmann hat am Dienstag in der ZiB2 sehr deutlich gemacht, dass er diese Aussage so nicht getroffen hat, und ich habe keinen Grund, ihm das nicht zu glauben. Ich bin aber trotzdem der Überzeugung, dass es nicht günstig ist, wenn man als Politiker Vergleiche mit der Vergangenheit strapaziert - ich bin selbst Historiker und würde solche Vergleiche nicht ziehen.“

„Nichts mit totalitären Entwicklungen zu tun“

Im „Steiermark heute“-Neujahrsgespräch sagte Kurzmann, dass er sich deutlich abgrenzen wolle „von bestimmten Strömungen, die antidemokratisches Gedankengut vertreten“ - mehr dazu in Kurzmann: Keine Skinheads in FPÖ (28.12.2011) - daran habe sich nichts geändert: „Die freiheitliche Partei sieht ihre Wurzeln im Jahr 1848, also im Kampf gegen das Metternich’sche System. Die freiheitlichen Vorläufer waren die ersten, die für die Meinungsfreiheit eingetreten sind, für eine Verfassung, und diesen Traditionen bleiben wir treu. Wir haben nichts mit totalitären Entwicklungen zu tun, aber das sieht auch der Bundesobmann so.“

Kein Orden: „Willkürakt des Bundespräsidenten“

Dass Bundespräsident Heinz Fischer die geplante Verleihung eines hohen Ordens an Strache „zurückstellen“ ließ, ist für Kurzmann ein „Willkürakt, denn entweder hat Strache die Leistungen erbracht, die ihn für diese Auszeichnungen wirklich prädestinieren. Wenn das nicht der Fall ist, sollte er diesen Orden nicht bekommen, aber offenbar ist das jetzt eine Entscheidung des Bundespräsidenten.“

Keine Hetze, aber „starker Gegenwind“

Im Gegensatz zu seinem Bundesparteichef will Kurzmann aber nicht von einer Hetze sprechen: „Von einer Hetze würde ich nicht sprechen, aber dass uns starker Gegenwind entgegenbläst von allen Gruppierungen der politischen Linken, von sehr weit links, das steht außer Frage. Ich glaube, dass die Umfragen für die freiheitliche Partei sehr gut sind, und dass es bestimmte politische Kräfte gibt, die versuchen, mit der Skandalisierungspolitik die Sympathiewerte für die Freiheitlichen wieder runter zu drücken“, so Kurzmann.

Konrad: „Das ist ein Skandal“

Am Rande des Burschenschafterballs des Wiener Korporationsringes wurden drei Ballbesucher und fünf Polizisten verletzt. Einen Vergleich mit der Reichskristallnacht hält der Grazer Zeithistoriker Helmut Konrad für absolut nicht zulässig: "Dieser Vergleich hinkt nicht nur, das ist einfach ein Skandal. In der Geschichte des 20. Jahrhunderts gibt es einen Monolith und der heißt Auschwitz, die Vernichtung des Judentums in Zentraleuropa. Diesen Monolith zu vergleichen mit einem Kieselsteinchen ist ein ganz schlimmer Fauxpas und aus meiner Sicht unentschuldbar.“

Die Novemberpogrome 1938 waren der Beginn der systematischen Judenverfolgung. Auch in Graz brannte die Synagoge, mehr als 300 Grazer Juden wurden in dieser Nacht in Konzentrationslager gebracht.

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