Neckermann beantragt Insolvenz
Nachdem Neckermann jahrelang rote Zahlen schrieb, waren zum Schluss nur noch die Insolvenzverwalter am Zug: Am vergangenen Dienstag wurden die 300 steirischen Mitarbeiter vorsorglich beim AMS-Frühwarnsystem zur Kündigung angemeldet - mehr dazu in Neckermann-Pleite: Kündigungen angemeldet und Neckermann-Pleite: 300 bangen um Job (19.7.2012).
APA/Markus Leodolter
Kreditschützer sind optimistisch
Diese Anmeldung sei aber laut dem Vorstand eine reine Vorsichtsmaßnahme gewesen - Ziel sei es, das Unternehmen ohne Personalabbau fortzuführen. Auch die Kreditschützer vom AKV (Alpenländischer Kreditorenverband) klingen optimistisch, denn es liege zwar keine Überschuldung vor, jedoch eine Zahlungsunfähigkeit, resultierend aus der Abhängigkeit der deutschen Mutterfirma.
Kein Mitarbeiterabbau vorgesehen
Da man die Liquiditätserfordernisse von Neckermann Österreich nicht sicherstellen konnte, habe man sich entschieden, einen Antrag zur Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung zu stellen. Das gerichtlich eingereichte Sanierungskonzept sehe eine Aufrechterhaltung des laufenden Geschäftsbetriebes vor, sowie die Suche nach geeigneten Investoren und strategischen Partnern; zudem solle das E-Commerce- und Vertriebspartnergeschäft weiter forciert werden. Vorrangiges Ziel sei es laut Geschäftsführung, das Unternehmen ohne Mitarbeiterabbau in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.
Quote von 20 Prozent
Von dem Sanierungsverfahren sind mehr als 600 Gläubiger betroffen. Den rund 48 Millionen Euro Aktiva stehen Passiva von etwa 40 Millionen gegenüber, wobei es sich um „Going Concern“-Werte handle: Käme es zum Konkurs, würde das Umlaufvermögen radikal entwertet und sich eine Quote von lediglich 16 Prozent ergeben. Zur Zeit sei eine Quote von 20 Prozent geplant - zahlbar binnen zwei Jahren.
Betriebsmittelkredit über 1,4 Millionen
Von der deutschen Mutter hieß es am Donnerstag weiters, dass die Fortführung bei Abschluss eines neuen Factoringvertrages mit einem Finanzinstitut gesichert sein würde. Über den Verkauf und die Vorfinanzierung könne man so kurzfristig wieder die Liquidität erreichen. Zudem meinen die Kreditschützer vom AKV, dass ein Betriebsmittelkredit über 1,4 Millionen Euro erlangt und von der deutschen Mutter ein 60-tätgiges Zahlungsziel eingeräumt werden müsse.
70 Prozent der Waren aus Deutschland
Bei Neckermann Versand Österreich beläuft sich das Grundkaptial auf 10,1 Millionen Euro. Von den 600.000 bezogenen Artikeln im Bereich Mode, Möbel und Technik, werden 70 Prozent aus Deutschland bezogen, der Rest zugekauft. Es müsse im Rahmen des Sanierungsverfahrens Investoren gefunden werden, die dieses Risiko übernehmen würden.
Ausbau von Südosteuropageschäften
Die Unternehmensgeschichte von Neckermann Österreich verlief zunächst noch sehr vielversprechend: 1994 übernahm das Unternehmen den Versandhandel des Grazer Kaufhauses Kastner&Öhler. Jahre später wurde der Grazer Standort als Drehscheibe für Südosteuropageschäfte erweitert und nachdem 2010 der größte Konkurrent „Quelle“ vom Markt ging, konnte Neckermann Österreich sein Personal um knapp 30 Mitarbeiter aufstocken.
Über zehn Millionen Umsatzrückgang
Doch ein Jahr später entwickelten sich die Süosteuropageschäfte schlecht und eine erste Kündigungswelle setzte ein. Der Umsatz ging im vergangenen Jahr von 103,2 auf 87,9 Millionen Euro zurück. Aufgrund von Wertberichtigungen fuhr Neckermann Österreich - trotz Gewinnen im operativen Geschäft - Verluste ein.
Neckermann vorläufig stabilisiert
Laut Neckermann Deutschland konnte der drohende Zusammenbruch erfolgreich verhindert werden. Das Unternehmen habe sich vorläufig stabilisieren können. Der Betrieb und der Ein- und Verkauf der Waren würde weitergehen - die Gehälter der Mitarbeiter über Insolvenzausfallgeld vorfinanziert werden.