Spenden in eigene Tasche abgezweigt

Eine Grazerin, die als Mitarbeiterin bzw. Obfrau einer Hilfsorganisation agierte, ist wegen Verdachts des schweren Betruges festgenommen worden. Die 53-Jährige soll überwiesenes Spendengeld für sich selbst verwendet haben.

Alle Zutaten für einen handfesten Skandal sind vorhanden: Ein Verein - das „Österreichische Blindenhilfswerk“ (ÖBHW) - der als Blindenhilfswerk eingetragen ist und mit seinen Leistungen auch auf der Homepage wirbt und der Gelder für Sehbehinderte und Blinde - indem von Haus zu Haus gegangen wird - eintreibt - allerdings: Umgesetzt wurde nichts.

Zugesprochene Unterstützung blieb aus

Im Juli 2009 sollte Herr Armin E. vom ÖBHW mit 2.000 Euro für den lang ersehnten Ankauf eines Blindenführhundes unterstützt werden. Diese Entscheidung wurde nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Betroffenen und der Feststellung der Notwendigkeit der Anschaffung gefällt. Allerdings ist der Betroffene nie in den Genuss einer Anschaffung dieses so notwendigen Blindenhundes gekommen, denn nachdem das Geld dafür gesammelt wurde, blieben die Anrufe von Herrn E. beim Blindenhilfswerk unbeantwortet. Der Betroffene erstattete schließlich Anzeige und hat den Fall damit ins Rollen gebracht, so die Polizei.

Leere Vereinskonten

Die nun verhaftete Frau - die laut Berufsbezeichnung Künstlerin ist - war laut Polizei und Staatsanwaltschaft seit 2008 für das ÖBHW tätig.

Blindenschleife

APA/Harald Schneider/HDS

Die Spenden dürften nicht bestimmungsgemäß verwendet worden sein

Der Verein schloss damals einen Vertrag mit einer Promotionfirma ab, die von Tür zu Tür Spendenabonnenten warb - insgesamt lief auf diese Art ein Betrag von etwa 107.000 Euro auf Vereinskonten ein. Der Verein war dabei nicht nur in der Steiermark, sondern auch im Burgenland und in Kärnten aktiv.

Wie die Ermittlungen und eine Sachverständigenprüfung aber allmählich ans Licht brachten, wurden die Spendengelder, die laut Vereinshomepage als Soforthilfe und Unterstützung für blinde und stark sehbehinderte Menschen gedacht waren, nicht bestimmungsgemäß verwendet; drei dem Verein zuzuordnende Konten waren leer. „Ebenso konnte bislang ermittelt werden, dass die gesammelten Spenden nicht den Vereinszwecken, also der Unterstützung von Blinden und Sehbehinderten zugutegekommen ist“, bestätigt Hansjörg Bacher von der Grazer Staatsanwaltschaft.

Verein stand schon einmal unter Verdacht

Am Mittwoch hielt der Blinden- und Sehbehindertenverbandes Steiermark (BSV) fest, dass es in Zusammenhang mit den Aktivitäten des ÖBHW 2008 eine Verurteilung - zu bedingter Haft - gab. Damals hatte allerdings die Beweislage gegen die nunmehr in Haft genommene nachmalige Vereinsobfrau nicht ausgereicht, das Verfahren wurde daher eingestellt worden.

BSV klagt über Imageschädigung durch das ÖBHW

„Wir befinden uns in einer Dilemmasituation, weil uns die verknappte Berichterstattung - Blinde und Spenden ist gleich Missbrauch - auf den Kopf fällt“, beklagte der Sprecher des BSV, Michi Bachler. Der BSV Steiermark ist eine Selbsthilfeorganisation, die sich seit 1921 für die Lebensqualität von blinden und sehbehinderten Menschen einsetze; man finanziere sich zu deutlich über 70 Prozent aus Spenden, verfüge über das Spendengütesiegel und veröffentliche regelmäßig Tätigkeitsberichte.

Durch Verwechslung mit dem ÖBHW sei beim BSV imagemäßig ein großer Schaden entstanden, meint auch der Obmann des steirischen BSV, Ben Jost: „Wir befürchten halt jetzt, dass die Leute jetzt grundsätzlich misstrauisch sind und sagen, da spenden wir lieber nichts. Das wäre sehr schade, weil wir sehr viel tun für die Blinden.“

Verdächtige ist nicht geständig

Die Verdächtige, die wegen Tatbegehungsgefahr in Untersuchungshaft genommen wurde, zeigte sich bei den Einvernahmen nicht geständig und wies jede Schuld von sich. Sie muss mit einer Anklage wegen schweren Betruges rechnen; außerdem wird ihr von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, das Geld für die Finanzierung ihres Lebensunterhaltes verwendet zu haben.

Der Verein bediente sich auch weiterer Spendensammler, gegen die laut Staatsanwaltschaft aber nicht ermittelt werde, weil sie in gutem Glauben gehandelt hätten.

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