Falsche Spritze: LKH spricht von unfassbarem Fehler

Der Grazer, dem im Rahmen einer Behandlung im LKH Graz eine falsche Spritze verabreicht wurde, liegt nach wie vor auf der Intensivstation. Das LKH spricht von einem Fehler. Man wolle alles lückenlos aufklären. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Die Staatsanwaltschaft leitete, wie Sprecher Hansjörg Bacher am Mittwoch bestätigte, mittlerweile aufgrund der Medienberichte Ermittlungen ein, und zwar wegen fahrlässiger Körperverletzung. Beim Patienten handelt es sich um einen bekannten Grazer Unternehmer, der aufgrund seiner Leukämieerkrankung im LKH zuletzt ambulant behandelt wurde. Vergangene Woche sollte er sich einer weiteren Therapie unterziehen.

Ärztin dürfte Spritzen verwechselt haben

Bei der ambulanten Behandlung soll es zu dem verhängnisvollen Fehler gekommen sein. Der Grazer hätte zwei Spritzen bekommen sollen – eine in die Armvene, die zweite in das Rückenmark. Die behandelnde Ärztin dürfte allerdings die Spritzen verwechselt und jene, die für den Arm bestimmt war, in den Rücken injiziert haben.

Mann liegt noch auf Intensivstation

Die Folgen für den Grazer waren fatal. Bei dem Mittel handelt es sich nämlich um ein Nervengift, das auch die gesunden Gehirnzellen des an Leukämie erkrankten Mannes angreift. Der Patient und seine Angehörigen seien sofort informiert worden. Man stehe mit der Familie in engem Kontakt. Auf ihren Wunsch gebe es aber keine Auskunft über den Gesundheitszustand des Mannes. Er werde weiter intensivmedizinisch behandelt, so am Mittwoch der ärztliche Direktor des LKH Graz, Gernot Brunner.

Schwerwiegende Nebenwirkungen

Brunner spricht von einem unfassbaren Fehler, der passiert sei: „Ein Fehler insofern: Es ist ein Medikament, das vorgesehen war, in die Vene verabreicht zu werden, in den Rückenmarksraum gegeben worden.“ Um zu verhindern, dass bei einer Blutkrebserkrankung auch Gehirn- und Nervensystem befallen werden, werde im Rahmen einer Chemotherapie routinemäßig auch eine Spritze ins Rückenmark verabreicht.

Das mache man seit Jahrzehnten so, sagte Heinz Sill, Leiter der Uniklinik für Hämatologie: „Wir führen im Jahr ca. 30 dieser Behandlungen durch. In all diesen Jahrzehnten ist noch nie eine Komplikation passiert.“ Hier handle es sich um ein gravierendes Ereignis, das alle betroffen mache. Wenn einem Patienten das falsche Mittel ins Rückenmark gespritzt werde, führe das zu schwerwiegenden Nebenwirkungen, die lebensgefährlich sein können.

LKH verspricht lückenlose Aufklärung

Jetzt arbeite man an einer lückenlosen Aufklärung, betonte Brunner. Eine Kommission werde den Weg der Spritze von der Apotheke bis zum Patienten nachverfolgen und eruieren, wo Fehler passiert sind. Derzeit würden die Chemotherapien zentral aufbereitet. Jedes Mittel sei einzeln verpackt, die Spritze trage innerhalb dieser Verpackung ein Etikett mit den gleichen Angaben, und ein ebensolches Etikett werde in die Krankengeschichte eingeklebt, sagte Sill: „Dass genau diese Spritze, um die es hier geht, diese Kennzeichnung nicht gehabt hat, das kann ich hier nicht nachvollziehen.“

Jetzt wolle man auch klären, wie man den Ablauf noch sicherer machen kann, sagte Franz Fazekas, Leiter der Uniklinik für Neurologie: „Aufgrund unserer 30-jährigen Erfahrung waren wir der Meinung, dass unsere Sicherheitsvorkehrungen völlig ausreichend sind. Wir werden jetzt klären, was besser gemacht werden muss.“

Spritze war in LKH-Apotheke noch gekennzeichnet

Einen kleinen Schritt nach vorne in der Aufklärung meldete die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes): „Die Spritze war bei der Auslieferung aus der Anstaltsapotheke jedenfalls gekennzeichnet“, erklärte Sprecher Reinhard Marczik. Was nach der Ausgabe in der zentralen Apotheke des LKH Graz weiter passiert ist, sei noch nicht ganz klar. Die Ablaufkette werde weiter untersucht, so Marczik.

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