Freund zum Schein gemeldet: Bürgermeister verurteilt

Wegen Amtsmissbrauchs sind am Freitag in Graz ein Bürgermeister und ein Gemeinderat einer südoststeirischen Gemeinde zu Haftstrafen verurteilt worden. Der Bürgermeister meldete den Gemeinderat zum Schein bei sich an, damit dieser nicht aus dem Gemeinderat ausscheiden muss.

Der (ÖVP-)Bürgermeister der 300-Einwohner-Gemeinde in der Südoststeiermark gab sich beim ersten Prozesstag Anfang März - mehr dazu in Scheinanmeldung: Bürgermeister vor Gericht (7.3.2014) - wie auch am Freitag unwissend: Er habe seinem Freund eine alte Wohnung von sich selbst angeboten, als dieser nach der Trennung von seiner Frau ausziehen musste. Gewohnt hat seit 20 Jahren niemand dort, und auch der (SPÖ-)Gemeinderat zog nie wirklich dort ein; da er aber nun in einer anderen Gemeinde wohnte, hätte er eigentlich seine politische Funktion aufgeben müssen. „Durch die Scheinanmeldung konnte er weiter an den Sitzungen teilnehmen“, so der Staatsanwalt.

Bürgermeister: Nichts gewusst, nichts bemerkt

Doch der Bürgermeister leugnete, solche Hintergedanken gehabt zu haben: Obwohl er im Nebenhaus wohnte, will er nicht bemerkt haben, dass sein Bekannter sich nie in der Wohnung aufhielt: „Das hat mich nicht interessiert“, meinte er. „Das hat sie als Meldebehörde aber zu interessieren, Sie müssen die Abmeldung durchführen, wenn er dort nicht wohnt“, stellte der Ankläger klar.

Anonyme Anzeige

Interesse zeigten aber andere Bewohner des Ortes, denn es gab eine anonyme Anzeige - daraufhin schaute die Polizei nach und fand niemanden vor. Um beim nächsten Mal vorbereitet zu sein, hängte der „Bewohner“ einen Jogginganzug auf, dabei blieb es aber. „Auf den Bildern sieht man nur eine dicke Staubschicht überall, es gab keinen Kühlschrank, die Dusche hat nicht funktioniert, es wurden keine Hygieneartikel gefunden“, zählte der Richter auf. Doch das beeindruckte den Bürgermeister nicht weiter: „Es war eine voll ausgestattete Wohnung“, meinte er.

Gemeinderat zog lieber zu den Eltern

Im Raum stand auch, dass der Trick mit dem Meldezettel eine Stimme für den Bürgermeister bei der Abstimmung über die Teilung der Gemeinde (im Zuge der Gemeindestrukturreform, Anm.) sichern sollte - der Gemeinderat entschied mit 5:4 Stimmen gegen die Teilung, was im Sinne des Bürgermeisters war. „Auch bei einer 4:4 Entscheidung wäre es ein ‚nein‘ gewesen“, versuchte der Verteidiger bei der ersten Verhandlung zu relativieren.

Bei der Verhandlung am Freitag sprach der Richter dann allerdings wörtlich von einer „Packelei“ - was die beiden Angeklagten allerdings in Abrede stellten: Er habe es verabsäumt nachzusehen, ob der Gemeinderat tatsächlich in dem Gebäude wohne, und er hätte ihn früher abmelden müssen, wollte der Bürgermeister zumindest eine Teil der Verantwortung übernehmen, und der Gemeinderat gab zumindest zu, nie dort übernachtet zu haben - er habe es zwar „immer vorgehabt“, zog aber letztlich doch lieber zu seinen Eltern.

Bedingte Haftstrafen

Während der Staatsanwaltschaft die Verantwortung der beiden als Trauerspiel bezeichnete, versuchte die Verteidigung eine außergerichtliche Einigung zu erzielen - vergeblich: Der Schöffensenat verurteilte den Bürgermeister wegen Amtsmissbrauchs zu vier Monaten bedingter Haft und 7.200 Euro Geldstrafe, den Gemeinderat wegen Beitragstäterschaft zu drei Monaten bedingt und 1.800 Euro Geldstrafe. Die Verteidigung meldete Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.