Fahrscheinmanipulation: „Schwarzkappler“ vor Gericht

Seit Donnerstag wird in Graz die „Schwarzfahreraffäre“ verhandelt: 22 Fahrscheinkontrolleure sollen - angestiftet von ihrem Einsatzleiter - Tickets manipuliert und diese privat weitergegeben haben. Der Schaden liegt bei mehr als 110.000 Euro.

Familienmitglieder, Verwandte und Bekannte der Mitarbeiter wurden mit bereits gebrauchten, ungültigen Tickets ausgestattet, auf die die Angeklagten ihre vierstellige Mitarbeiternummer schrieben - bei einer Kontrolle wurden dann die ungültigen Tickets vorgewiesen, die Strafe von 60 Euro musste aber keiner zahlen. Eine Frau etwa hatte eine ungültige Monatskarte zwei Jahre lang benützt - in dieser Zeit wurde sie fünfmal kontrolliert, ohne auch nur einmal zahlen zu müssen.

Nach Verdacht Detektiv beauftragt

Mit allen anderen Fällen zusammengerechnet beläuft sich der entstandene Schaden auf 110.700 Euro - im Zeitraum von April 2009 bis zum Auffliegen der „Schwarzfahreraffäre“ Anfang September 2011: Ein Mitarbeiter des Mobilitätszentrums in Graz beobachtete einen Kollegen bei der Weitergabe eines gekennzeichneten Fahrscheins. Danach wurde ein Detektiv beauftragt, der die Kontrolleure überwachte. Der Verdacht, dass auch die Firmenleitung der Security-Firma eingeweiht war, bestätigte sich nicht - mehr dazu in „Öffi“-Kontrolleure fuhren schwarz: Anklage (4.7.2013).

Betriebsrat und Einsatzleiter als Anstifter angeklagt

Zu Prozessbeginn am Donnerstag gab schon die Aufnahme der Daten ein ersten Bild von den Angeklagten: Einige sind arbeitslos oder geringfügig beschäftigt, viele haben Schulden. Sie alle waren Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma im Auftrag der Holding Graz. Angestiftet zu ihrem Tun soll sie der Hauptangeklagte, ein 54-jähriger Mann, haben - als Betriebsrat und Einsatzleiter.

„Freunderlwirtschaft“ oder „Milchmädchenrechnung“

Auf die Frage nach dem Warum gab die Staatsanwältin zu Prozessbeginn gleich selbst die Antwort: in allen Fällen, meinte sie, um vor anderen besser dazustehen, „Freunderlwirtschaft“ sei das. Den hochgerechneten Schaden zahlte die Sicherheitsfirma bereits an die Holding Graz.

Die insgesamt zehn Verteidiger stießen sich in ihren Plädoyers vor allem an der Schadenshöhe, sprachen von einer „Milchmädchenrechnung“ und wehrten sich gegen eine „Kollektivschuld“: Es habe kein System und kein Team gegeben, vielmehr seien die Kontrolleure unter Gruppenzwang und Leistungsdruck gestanden.

„Eine blöde Sache“

Sechs der Beschuldigten erklärten sich zumindest teilweise schuldig: „Es war eine blöde Sache, tut mir leid“, sagte einer. Die anderen wollten mit dem „System“ nichts zu tun gehabt haben, ebenso der mutmaßliche Drahtzieher. Den meisten Angeklagten drohen bis zu drei Jahre Haft, einigen, die kürzer dabei waren, bis zu sechs Monate; dem Hauptangeklagten drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Am Montag geht es mit der Befragung der einzelnen Angeklagten weiter. Nach mehreren Verhandlungstagen sollen ab 21. Mai Zeugen gehört werden, darunter Holding-Graz-Chef Wolfgang Malik sowie Vorstandsdirektorin Barbara Muhr. Als letzter Verhandlungstag ist der 28. Mai angepeilt, das kann sich jedoch im Laufe des Prozesses noch ändern.