Ermittlungen wegen Raika-Kreditgeschäften in Kroatien

Der Raiffeisenverband Steiermark ist nach massiven Vorwürfen kroatischer Kreditnehmer in Bedrängnis. Zu Anschuldigungen der Schuldner wegen mutmaßlichen Betrugs und Untreue, denen die Staatsanwaltschaft nachgeht, kamen Ermittlungen gegen den Direktor einer Raiffeisen-Filiale.

Die Grazer Staatsanwaltschaft hat die beiden Fälle mittlerweile zusammengezogen. Der Raiffeisenverband Steiermark, eine Dachorganisation von regionalen Raiffeisenbanken, ist in Bedrängnis.

„Schwerwiegende Verfehlungen“

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) stellte aufgrund einer Prüfung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) in der südsteirischen Bankfiliale „schwerwiegende Verfehlungen gegen Rechtsvorschriften des Geld- und Kreditwesens“ fest. Ermittelt wurde gegen einen mittlerweile entlassenen Bankdirektor, seine Ehefrau und einen Kreditvermittler in Kroatien, die in Kroatien mehrere Immobilienfirmen gegründet hatten und damit die Bank um einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag geschädigt haben sollen.

Verdacht auf Geldwäsche angedeutet

In einem Ermittlungsbericht der steirischen Polizei, der der APA vorliegt, ist von „dubiosen Kreditvergaben und Praktiken bei Finanzierung im Zusammenhang mit den Firmen“ die Rede. Auch der Verdacht auf Geldwäsche wurde in dem Prüfbericht angedeutet: Bei Zahlungsflüssen in Höhe von 7,2 Millionen Euro an fünf in Kroatien gegründete Firmen seien Zahlungen in Höhe von 2,9 Millionen Euro „selbst für die OeNB-Prüfer nicht nachvollziehbar“ gewesen.

Staatsanwalt Hansjörg Bacher schloss nicht aus, dass Ermittlungen in Richtung Geldwäsche gehen könnten, sagte jedoch, dass es „derzeit keine konkreten Anhaltspunkte dafür“ gebe. Die Ermittlungen stehen derzeit aber still, weil die Grazer Justiz noch keine Antwort auf ihr Rechtshilfeersuchen bekommen hat, das bereits im Februar 2014 nach Zagreb ging. Etwa 50 Millionen von insgesamt 100 Millionen Euro, die die untersuchte Raika an Krediten vergeben hat, sind nach den Erkenntnissen der Prüfer ausfallgefährdet.

Viele begleichen Raten nicht mehr

Ausfallgefährdet dürften in der Zwischenzeit weit mehr Kredite sein, denn viele Kreditnehmer in Kroatien haben aufgehört, ihre Raten zu begleichen. Sie hoffen, dass die Kreditpraxis der steirischen und Kärntner Raiffeisenbanken wegen unerlaubter Methoden und Verstöße gegen kroatisches und österreichisches Recht für nichtig erklärt werden. Laut kroatischen Medienberichten wurden in Zusammenhang mit Häuserexekutionen nach Fälligstellung von Krediten 21 Banken sowie zig Kreditvermittler, Notare, Rechtsanwälte und Zivilrichter angezeigt. Von der kroatischen Staatsanwaltschaft gab es dazu keine Stellungnahme.

Kreditmodell mittlerweile eingestellt

Das Kreditmodell, das sich für Raiffeisen zu einer Affäre mit juristischem Nachspiel ausgewachsen hat, haben die Banken mittlerweile eingestellt. „Mit 1. Jänner 2013 wurden neue Kreditausleihungen österreichischer Kreditinstitute (...) aufgrund der zutage getretenen Problematiken (...) gem. FMA-Rundschreiben praktisch untersagt“, lautet die Begründung im Prüfbericht der Landespolizeidirektion Steiermark.

Unkompliziert und schnell zwischen 2005 und 2012

Zur Vorgeschichte: Obwohl sie keine Lizenz der kroatischen Notenbank hatten, in Kroatien tätig zu sein - im Gegensatz zur kroatischen RBI-Tochter Raiffeisen Bank Austria -, waren kleine Regionalbanken nach eigenen Angaben zischen 2005 und 2012 in Kroatien tätig. Sie vergaben mehrere tausend Hypothekarkredite, in der Regel zu günstigeren Bedingungen als die Banken in Kroatien, unkompliziert und schnell.

Knapp 3.000 Kredite seien derzeit noch offen, sagte Michael Spitzer, ein von der Raiffeisenbankengruppe Steiermark eingesetzter Krisenmanager für die Kroatien-Kredite. Sie machen in Summe zwischen 250 und 300 Millionen Euro aus.

Dubiose Rolle von Vermittlern

Dass die 15 Banken, die Spitzer vertritt, Kredite im Ausland vergeben haben, findet der Koordinator nicht problematisch. „Die Kunden haben schon zu Zeiten Jugoslawiens Beziehungen zu den Banken geknüpft.“ Doch auf die Kredite aufmerksam wurden die mutmaßlich geschädigten Kunden ausschließlich durch Zeitungsannoncen und Kreditvermittler, die als Mitarbeiter der Raiffeisenbanken auftraten.

„Vermittler sind in vielen Branchen ein Vertriebsweg. Raiffeisenbanken haben aber niemals Vermittler angestellt oder beschäftigt. Sie waren aus eigenem finanziellen Interesse tätig. Wenn diese Vermittler in Kroatien Werbung gemacht haben, dann hat Raiffeisen das nicht gesehen und nicht bezahlt und nicht gewusst und kann dafür nicht verantwortlich sein“, so Spitzer.

Die kroatischen Bankkunden, die sich in einer Vereinigung namens „Stop Bank“ zusammengetan haben, sind der Meinung, die Vermittler hätten haben sowohl Provisionen kassiert als auch in vielen Fällen die Kreditraten in bar einkassiert.

Verträge in Kroatien unterschrieben

Auch einige Rechtsanwälte und Notare sollen laut den Kreditnehmern eine unrühmliche Rolle bei den Kreditgeschäften gespielt haben. Sie sollen dafür gesorgt haben, dass Kredit- und Hypothekenverträge in Kroatien unterschrieben wurden. Außerdem werden sie mit jenen Firmen in Verbindung gebracht, die von den Banken eigens gegründet wurden, um die Immobilien, die wegen nicht zurückgezahlter Kredite zwangsversteigert wurden, zu kaufen.

Im Nachhinein schwer zu beweisen

Kreditverträge müssen nach geltendem Gesetz jedoch in den Banken unterschrieben werden. „Wenn ein Kunde angeblich seine Unterschrift in Kroatien dazusetzt, dann hätte er hinschreiben müssen: ‚kroatischer Ortsname‘, Datum und seine Unterschrift.“ Andernfalls würde er sich im Nachhinein schwertun, das zu beweisen, sagt Spitzer. Zum Vorwurf der Firmengründungen meint Spitzer: Die Firmen seien gegründet worden, um die Immobilien verwerten zu können. Derzeit besitzen die lokalen österreichischen Raiffeisenbanken laut Spitzer 226 Immobilien in Kroatien.

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