Gemeindefusionen: Land nimmt weiter Stellung

Nachdem 40 Gemeinden gegen eine geplante Zwangsfusion berufen haben, hat die Landesregierung am Mittwoch in einer Sondersitzung weitere Stellungnahmen abgegeben. Die FPÖ präsentierte Details ihrer Kampagne gegen die Fusionen.

Genau vierzig Gemeinden wollen die Fusionsbeschlüsse des Landes Steiermark nicht hinnehmen und haben sich beim Verfassungsgerichtshof beschwert - mehr dazu in Gemeindefusionen sind Gesetz: 40 Berufungen geplant (2.4.2014) und in Gemeindefusionen: Erste Fälle vor Gericht (2.5.2014).

Gemeindeamt

ORF.at

Fusionen werden mit 1. Jänner 2015 rechtswirksam.

Sommerpause unterbrochen

Um die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingeforderten Stellungnahmen zu Einsprüchen gegen Gemeindefusionen fristgerecht zu beschließen, unterbrach die steirische Landesregierung am Mittwoch die Sommerpause. Während SPÖ und ÖVP in der Sondersitzung Formalbeschlüsse fassten, stellte die FPÖ eine Kampagne vor und schlug erste Wahlkampftöne für die Gemeinderatswahlen im März 2015 an.

„Unsachlich und nicht gerechtfertigt“

Darunter sind aus dem Bezirk Graz-Umgebung etwa Hart-Purgstall, Brodingberg, Höf-Präbach, Raaba und Grambach, aus dem Bezirk Liezen etwa Tauplitz, Rohrmoos-Untertal oder Pich-Preunegg. Die letzte Beschwerde, die beim Verfassungsgerichtshof einging, kommt aus Osterwitz und stammt vom 16. Juli, so Sprecher Chritian Neuwirth: „In ihrer Berufung betonen die Gemeinden durchwegs, die Fusion mit anderen sei unsachlich und nicht gerechtfertigt."

SPÖ und ÖVP gelassen

In der Sondersitzung beschäftigte sich die steirische Landesregierung am Mittwoch mit den Gemeinde-Zusammenlegungen. In 18 Beschwerdefällen wurden bereits Stellungnahmen ausgeschickt, elf weitere wurden am Mittwoch von der Landesregierung abgesegnet. SPÖ und ÖVP gaben sich gelassen. Man gehe davon aus, dass die Gegner beim Verfassungsgerichtshof abblitzen, sagte Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ): „Wir glauben, dass in höchstem Prozentsatz der Argumentation des Landes Recht gegeben wird.“

Auch ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer ist nach wie vor der Meinung, das Richtige zu tun, auch wenn die geplanten Zusammenlegungen so manchen Bruch innerhalb seiner Partei gebracht haben. „Natürlich gibt es Bürgermeister, die sagen, für Dich bin ich gelaufen bei der Landtagswahl, und jetzt legt ihr mich zusammen. Aber die Meisten habe ich jetzt wieder im Boot, weil sie einsehen, dass das eine richtige, eine zukunftsweisende Entscheidung war.“

„Nicht aus Jux und Tollereri“

Voves und Schützenhöfer meinten nach der Sitzung, dass die Stellungnahmen sehr gut begründet seien und „der überwiegende Teil“ der beeinspruchten Fusionen vor dem Höchstgericht halten werde. „Wir haben das ja nicht aus Jux und Tollerei getan, sondern um den ländlichen Raum zu stärken“, sagte Schützenhöfer. Man schiele dabei nicht auf Wahlen.

Voves warf der FPÖ Populismus vor; die 307 freiwilligen Zusammenschlüsse würden von den Freiheitlichen ja begrüßt.

Die FPÖ will, dass die Gemeinderatswahlen vorverlegt werden, damit jede neue Gemeinde auch einen neuen Bürgermeister hat.

Individualanträge angekündigt

Der steirische FPÖ-Chef Kurzmann bekräftigte in seiner Pressekonferenz, nicht prinzipiell gegen Fusionen zu sein, bei „Zwangsmaßnahmen“ sei die FPÖ aber auf Seite der Bevölkerung. Die FPÖ präsentierte erste Details ihrer Kampagne „Nein zu Zwangsfusion“.

10.000 Unterschriften habe man schon gesammelt, und man wolle Ende August den Verfassungsgerichtshof durch ihre Mitglieder anrufen, so FPÖ-Klubobmann Hannes Amesbauer. „Es wird Individualanträge betroffenen Bürgermeister geben - konkret handelt es sich um zwei freiheitliche Bürgermeister. Der Unterschied bei diesen Individualanträgen ist, dass der Bürgermeister, der sein gewähltes Amt verliert, als direkt Betroffener diesen Antrag einbringt“, so Amesbauer.

Gemeindeinitiative: Dankbar für jeden Mitstreiter

Seitens der Gemeindeinitiative meinte Florian Taucher, ÖVP-Bürgermeister von Höf-Präbach, man habe erwartet, dass die Landesregierung „noch einen Joker im Talon“ habe - in den Stellungnahmen stehe jedoch nichts Neues.

Zur FPÖ-Kampagne meinte Taucher, man sei dankbar für jeden Mitstreiter. Für die Gemeinderatswahlen seien Namenslisten in den Protestgemeinden sehr wahrscheinlich, eine landesweite Liste der Gemeindeinitiative auch für die Landtagswahl im Herbst 2015 sei noch in Überlegung. Taucher: „Für die ÖVP wäre das die letzte Rettung, nicht von der FPÖ überholt zu werden.“

Grüne: Hochwertige Einsprüche

Die Grünen zeigten sich überzeugt, dass sich viele Kommunen höchstgerichtlich durchsetzen werden: „Die zahlreichen, qualitativ sehr hochwertigen Einsprüche zeigen, dass diese sogenannte ‚Gemeindestrukturreform‘ sehr schlecht vorbereitet war“, so Landessprecher Lambert Schönleitner.

Zeitplan erst ab Herbst klarer

Durchschnittlich dauert ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof acht Monate - ob sich die Entscheidungen vor Jänner ausgehen, könne man jetzt nicht sagen, so Neuwirth. Erst im Herbst werde der Zeitplan klarer sein. Vorgesehen ist, dass es ab kommendem Jahr statt 539 nur noch 287 Gemeinden gibt. Aus vormals 385 Kommunen werden 130 neue Gemeinden. 157 Gemeinden sind von den Fusionen nicht betroffen.