Regen-Sommer hielt Gletscherschmelze nicht auf

Die Gletscher in Österreich gehen weiter zurück - diese Entwicklung konnte auch der verregnete Sommer nicht stoppen. Das zeigen die Messungen des Instituts für Geographie und Raumforschung an der Uni Graz. In Tirol und Salzburg ist man anderer Ansicht.

Vermessen wurden im Auftrag des Alpenvereins sechs Gletscher in der Schober- und in der Glocknergruppe im Nationalpark Hohe Tauern, darunter auch der größte Gletscher Österreichs, die Pasterze.

„Gletscher relativ stark im Rückgang“

Die genauen Messdaten werden zur Zeit zwar noch ausgewertet, doch zeigen sie ein eindeutiges Bild, sagt Gerhard Karl Lieb vom Institut für Geographie und Raumforschung an der Uni Graz: „Diese provisorischen Messergebnisse deuten darauf hin, dass wir sehr ähnliche Werte wie im letzten Jahr bekommen werden - das heißt, die Gletscher befinden sich weiter relativ stark im Rückgang.“

Gletscher

ORF.at/Carina Kainz

Laut Lieb haben sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Temperaturen im Alpenraum im Mittel um zwei Grad erhöht, global beträgt die Temperaturzunahme seit damals etwa 0,8 Grad.

Sommer verregnet, aber nicht kühl

Denn auch wenn der Sommer verregnet war - wirklich kühl war er nicht, die Temperaturen lagen kaum unter dem langjährigen Schnitt; dazu kommmt, dass die Gletscher auf aktuelle Bedingungen nicht sofort, sondern erst bis zu drei Jahrzehnte später reagieren, erklärt der Gletscher- und Geographieforscher am Beispiel der Pasterze: „Selbst für den Fall, dass der Sommer kalt und schneereich gewesen wäre - was er nicht war - würde sie genauso zurückschmelzen, weil die 30 Jahre zuvor von der Witterung sehr abträglich waren.“

„Warum sollte man Gletscher überhaupt retten?“

Es bräuchte demnach viele Jahrzehnte schlechter Sommer, um den Gletscherrückgang zu stoppen. In einigen Gebieten gibt es daher Versuche, die Gletscher mit weißen Planen und künstlicher Beschneiung zu schützen - retten kann aber auch das die Gletscher nicht: „Es stellt sich die Frage, warum man die Gletscher überhaupt retten sollte. Die Gletscher sind eigentlich dadurch ganz besonders interessant, dass sie eben auf veränderte Witterungsbedingungen reagieren und es durchaus interessant ist zu beobachten, was alles zum Vorschein kommt, wenn die Gletscher verschwinden“, so Lieb. Das ist kaum noch aufzuhalten: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts halbierte sich die Gletscherfläche in Österreich auf 400 Quadratkilometer - das ist ein halbes Prozent, gemessen an der Staatsfläche.

Anderer Ansicht sind allerdings Tiroler Gletscherforscher: Demnach sei der verregnete und relativ kühle Sommer für die Tiroler Gletscher eine Wohltat gewesen - mehr dazu in Sommer war Wohltat für Tirols Gletscher (tirol.ORF.at, 1.10.2014) -, und auch der Salzburger Gletscherforscher Heinz Slupetzky spricht von einer „Rehabilitierung des Sommers 2014“ - mehr dazu in Verregneter Sommer war gut für Gletscher (science.ORF.at, 29.9.2014)

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