Brandverletzungen: Grazer forschen mit Spermidin

Spermidin - das in hohen Konzentrationen im Sperma, aber auch in vielen Nahrungsmitteln vorkommt - reguliert das Zellwachstum und verschiedene Stoffwechselprozesse. Laut Grazer Forschern könnte es künftig auch bei der Regeneration von Brandwunden eine große Rolle spielen.

Verbrennungen können teilweise irreversible Gewebeschäden und Funktionsverluste zur Folge haben und ab einem bestimmten Ausmaß an verbrannter Körperoberfläche sogar lebensbedrohlich sein - und sie können selbst nach Entfernen der Hitzeeinwirkung auf die Haut weiter fortschreiten, wie Lars-Peter Kamolz von der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der Med-Uni Graz erklärt.

Es brennt in der Haut weiter

Die Hitzeeinwirkung auf Zellebene führt zu einer Denaturierung der Proteine und zu Schäden an der Zellmembran. So kommt es, dass im Prozess des sogenannten Nachbrennens aus einer primär oberflächlichen eine tiefere Verbrennung werden kann, so Kamolz. Er forscht gemeinsam mit Frank Madeo vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz an einer neuen Methode in der Versorgung von Brandverletzten, und das Spermidin spielt dabei eine zentrale Rolle.

Entsorgung von „zellulären Schrott“

Wie Madeo schon im Jahr 2009 aufgezeigt hatte, kann durch Spermidin ein zellreinigender Mechanismus in Gang gesetzt werden, der es dem Körper ermöglicht, Schadstoffe aus der Zelle zu räumen und in neue Energie umzuwandeln - der Prozess, „zellulären Schrott“ zu entsorgen, wird Autophagie genannt: „Die aus der Umwandlung von Schadstoffen gewonnene Energie hilft dem Körper eventuell bei der Regeneration“, vermutet Madeo. Im gemeinsamen Projekt verfolgen die beiden Forscher das Ziel, unter Zuhilfenahme der Substanz die Autophagie anzukurbeln und damit das Absterben der Zellen zu verhindern bzw. zu reduzieren.

Erste Tests stimmen zuversichtlich

Erste Versuche an Tieren hätten erste optimistisch stimmende Resultate geliefert: Bei allen Spermidinapplikationen habe sich eine verminderte Schädigung der Haut und angrenzenden Muskulatur im Vergleich zur Kontrollgruppe gezeigt; Areale, die sonst einer Operation bedurft hätten, konnten sich erholen und die Funktionsfähigkeit konnte erhalten werden.

Die histologischen Ergebnisse der Tests an Ratten hätten gezeigt, dass durch die Gabe von Spermidin eine signifikante Reduktion des Nachbrennens bzw. der Gewebsschädigung bei Verbrennungen dritten Grades erzielt wurden. Die Ergebnisse wurden dieser Tage am Euro-Mediterranean Council for Burns and Fire Disasters in Turin präsentiert.

„Aktuell arbeiten wir an klinischen Umsetzungsmöglichkeiten dieser wichtigen Entdeckungen“, so Kamolz. Er könnte sich vorstellen, dass Spermidin etwa in Verbandsmaterialien zur Behandlung von Brandwunden integriert wird, aber auch die Gabe des Wirkstoffes über Infusionen halten die Wissenschaftler für einen gangbaren Weg, den Abbau schadhafter Zellbestandteile und Zellwachstum ankurbeln.

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