Integration: Nagl für „Integrationspass“

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) fordert im Zuge der Integrationsdebatte einen „Integrationspass“, der Gemeindeleistungen an Immigrantenpflichten koppeln soll. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) dazu: „Willkommen an Bord, Herr Bürgermeister.“

Nagl stellte in einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ die Frage, wem es helfe, einem Immigranten, der sich nicht integrieren wolle, 1.000 Euro Strafe aufzubrummen, wenn dieser Mensch das Geld ohnehin nicht habe - das wirke nur weiter isolierend.

Anreizmodell ähnlich dem Mutter-Kind-Pass

Er wolle deshalb ein Anreizmodell schaffen: In einem „Integrationspass“ seien Pflichten und Angebote festgehalten, die erfüllt und angenommen werden müssen. Nagl will in diesem Pass entscheidende gesellschaftliche Spielregeln genauso einfordern (für den Zuziehenden in dessen Sprache), wie er über Gutscheine Fördermaßnahmen (Deutschkurs sowie Kurse in Gesellschaftskunde, Demokratie, Arbeitsberatung etc.) anbieten möchte.

Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl

APA/Erwin Scheriau

In dem von Nagl vorgeschlagenen „Integrationspass“ sollen Pflichten und Angebote festgehalten sein, die erfüllt und angenommen werden müssen

Wie beim Mutter-Kind-Pass werde die Absolvierung dieser Fördermaßnahmen mit einem Stempel bestätigt - das mache nachvollziehbar, wie ernst ein Zuziehender Integration nehme. In weiterer Folge soll das von sogenannten Integrationslotsen begleitet und kontrolliert werden - dieser Integrationslotse soll nach drei Jahren eine Art Abschlussbericht verfassen. Mit dem letzten Stempel im Integrationspass gebe es dann Zugang zu verschiedenen Leistungen der jeweiligen Gebietskörperschaft.

Wenn im Pass nicht alle Stempel enthalten sind, will Nagl Konsequenzen ziehen: „Dann kann es aus der Sicht der Stadt Graz keine Gemeindewohnung geben, auch weitere Sonderleistungen wie die Sozialcard würden solche Personen nicht erhalten“, erklärt Nagl. Integration funktioniere ausschließlich durch Fördern und Fordern - und nicht über Almosen und Abhängigkeit.

Kritik an Voves

Nagl übte auch Kritik an Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ): Dieser hätte „längst viele Möglichkeiten gehabt, helfend einzugreifen, aber das hat er verabsäumt. Wir in Graz haben viel mehr unternommen.“ Weiters plädierte Nagl dafür, dass „Menschen, die zu uns flüchten, vom ersten Tag an arbeiten dürfen - das ist derzeit nicht der Fall“.

FPÖ, SPÖ, KPÖ, Grüne: „Wahlkampfgeplänkel“

Die politischen Gegner Nagls sehen dessen Vorschlag eher als Wahlkampfgeplänkel. Der Klubobmann der Grazer FPÖ, Armin Sippel, etwa meinte, Nagl hätte zehn Jahre lang Zeit gehabt zu handeln, er sei aber untätig geblieben: „Für uns ist spätestens damit klar, dass Nagl neuer Spitzenkandidat für die Landtagswahlen sein wird. Die Art und Weise, wie er Landeshauptmann Franz Voves hier attackiert, beweist, dass die ‚Reformpartnerschaft‘ spätestens jetzt zu Ende ist.“

Auch Vizebürgermeisterin Martina Schröck (SPÖ) wunderte sich über den Vorwurf des Bürgermeisters, dass Voves nichts getan hätte, hätte Nagl doch selbst in Graz einiges umsetzen können - beispielsweise im Schulbereich oder bei der Stadtplanung: „Wenn ich mir das so anschaue, dann hat sich der Herr Bürgermeister da als Trittbrettfahrer bei einem Thema erwiesen, als Trittbrettfahrer auf dem Weg ins Land. Es ist ein Draufsetzen auf ein Thema und ein Versuch, da jetzt mitzufahren, und als solchen ordne ich den ein und als nichts anderes.“

SPÖ und ÖVP würden sich derzeit mit Vorschlägen zum Thema Integration überholen, sagte Stadträtin Elke Kahr (KPÖ), „aus Angst und Sorge gegenüber der FPÖ. Aus meiner Sicht sind das Schnellschussüberlegungen, die überhaupt nicht durchdacht sind. Viel wichtiger wäre eigentlich ein Pflichtenpass für Politiker, weil alles, was zu diesem Thema geredet wird, ist sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene in Händen der SPÖ und ÖVP“.

Die Integrationssprecherin der Grazer Grünen, Gemeinderätin Astrid Polz-Watzenig, bezeichnete den Nagl-Vorstoß zwar als „wichtigen und richtigen Beitrag in der momentanen Debatte“, mit dem Begriff der „Integrationsunwilligkeit“ begebe sich der Bürgermeister jedoch in eine gesellschaftspolitische Sackgasse.

Voves: „Willkommen an Bord“

Aus dem Büro Voves hieß es zur Kritik des Grazer Bürgermeisters, sowohl Wiens Michael Häupl als auch nun Nagl brächten zum Ausdruck, dass erfolgreiche Integration nur dann stattfinden könne, wenn sie als Bring-, aber auch Holschuld gesehen werde. Das bedeute: „Notfalls muss man bei ‚Integrationsunwilligkeit‘ auch ‚ahnden‘ können. Das Strafrecht habe ich in meinen Ausführungen aber nie bemüht. Sofort von Strafen haben andere gesprochen,“ so Voves - mehr dazu in Integration: Diskussion in der SPÖ wird heftiger (29.1.2015) und in Häupl vergleicht Voves mit PEGIDA (wien.ORF.at).

Die Vorschläge Nagls werde Integrationslandesrätin Bettina Vollath (SPÖ) „sicherlich gerne“ in die Diskussionen der von SPÖ und ÖVP im Landtag geforderten Arbeitsgruppe einfließen lassen. Er hoffe, so Voves, dass Nagl sich zur Frage einer weiteren Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP auf Landesebene in den nächsten Wochen ebenso klar äußern wird wie die Landesspitze der ÖVP. Man sollte auch die aktuellen Fragen zur Integration gemeinsam beantworten.

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