Bessere Öffi-Vernetzung in Graz-Umgebung

Der Bezirk Graz-Umgebung will Menschen dazu bewegen, auf ihr Zweitauto zu verzichten und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Zu diesem Zweck soll ein neues Mobilitätskonzept mit Kleinbussen und Taxis zur Anwendung kommen.

Das Grazer Unternehmen „ISTmobil“ hat ein Mobilitätskonzept entwickelt, das im Bezirk Korneuburg in Niederösterreich bereits umgesetzt wird und an dem jetzt auch der Bezirk Graz-Umgebung interessiert ist. Ziel ist es, das bestehende Öffi-Netz zu ergänzen und Menschen dazu zu bewegen, auf ihr Zweitauto zu verzichten.

Fahrt 30 Minuten im Voraus zu bestellen

Wer im Bezirk Graz-Umgebung abgelegen wohnt, soll künftig von örtlichen Taxi- oder Kleinbusunternehmen von bestimmten Sammel-Haltepunkten aus zu einem bestimmten Punkt oder zur nächstgelegenen größeren öffentlichen Verkehrsanbindung gebracht werden. Die Sammel-Haltepunkte dürfen dabei höchstens ein paar hundert Meter vom Wohnsitz entfernt sein, erklärt Peter Lackner, Geschäftsführer der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Steiermark.

Bestellt werden kann die Fahrt im Internet oder telefonisch, innerhalb von 30 Minuten soll das Sammeltaxi eintreffen. „Während dieser 30 Minuten besteht die Möglichkeit für die Taxizentrale, bei der diese Bestellung eingeht, Fahrten zu sammeln. Das heißt, im Idealfall auch mehrere Leute auf der gleichen Strecke zu transportieren“, schildert Lackner.

Vorteile für den Arbeitsmarkt

Je mehr Passagiere in einem Taxi oder Kleinbus befördert werden, desto weniger soll die Fahrt pro Fahrgast kosten. Eine Strecke von bis zu fünf Kilometern Länge soll beispielsweise rund 2,50 Euro pro Person kosten, sagt Michael Hohl von der Wirtschaftskammer.

„Aufgrund des Facharbeitermangels hat man auch die Möglichkeit, einem Facharbeiter anzubieten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos den ganzen Bezirk Graz-Umgebung auch am Rande des Bezirkes zu erreichen“, sieht Hohl auch Vorteile für den Arbeitsmarkt.

Interesse bei Gemeinden

Sieben Gemeinden beabsichtigen bis jetzt mitzumachen. Im Gemeindebudget von Hitzendorf sei für den Mikro-öffentlichen Verkehr (Mikro-ÖV) bereits ein Posten vorgesehen, sagt Bürgermeisterin Simone Schmiedtbauer (ÖVP): „Weil einem sozusagen vor der Haustür Haltestellen angeboten werden. Von Stiwoll bis Lieboch haben sich alle Bürgermeister schon getroffen und ich kann nur sagen, dass alle sehr interessiert waren und in allen Gemeinden in unserem nördlichen Liebochtal diese Notwendigkeit gegeben ist.“

Damit das Konzept flächendeckend im Bezirk Graz-Umgebung umgesetzt werden kann, sollen bei einer Bürgermeisterkonferenz am 26. Jänner alle 36 Gemeinden des Bezirkes informiert und überzeugt werden.

Erster Schritt zu flexiblerem Mobilitätsverhalten

Der anerkannte Verkehrsexperte Kurt Fallast von der TU Graz sieht in dem Konzept jedenfalls einen ersten Schritt hin zu einem flexibleren Mobilitätsverhalten: Er glaubt, dass in Zukunft vor allem auf dem Land viel mehr spontane Fahrgemeinschaften entstehen werden.

„Wenn ich heute sage, ich wohne irgendwo im ländlichen Raum, will von A nach B, und ich weiß, dass so und so viele Personen ähnliche Wege haben, die bereit sind, mich mitzunehmen, dann ist das eine Form, wo ich nicht sehr viel organisieren muss. Bis mich der Mikro-ÖV abholt oder wo hinbringt, sind 50 Autos an meiner Haustüre vorbeigefahren, von denen ein oder zwei auch bereit sind, mich mitzunehmen oder ähnliche Ziele haben. Ich denke, dass das die Mobilitätsform der Zukunft sein wird, dass wir uns gegenseitig aushelfen“, so Fallast.

Keine Frage des Alters

Der Verkehrsexperte glaubt auch an eine Akzeptanz bei älteren Menschen: „Ich glaube, dass Ältere genauso auf diese Mobilitätsformen ansprechen werden, vielleicht sogar eher, weil sie sich zu zweit sicherer fühlen und dass diese Form von Kommunikation und Gemeinsamkeit auch in älteren Schichten der Fall sein wird. Ich glaube nicht, dass das Alter das Kriterium ist, es ist eher eine Einstellungssache.“

Generell würden heute viel mehr ältere Menschen ein Auto besitzen als noch vor 20 Jahren, so Fallast: Damals sei Autofahren meist mit etwa 75 Jahren vorbei gewesen, heute oft erst zehn Jahre später.

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