Steirer leisten 35 Millionen Überstunden im Jahr
Mehr leisten, als im Arbeitsvertrag festgeschrieben ist - das nehmen die steirischen Arbeitnehmer teils freiwillig in Kauf, weil Überstunden auch gut bezahlt werden, oft aber auch auf Drängen des Arbeitgebers hin.
Mehr Personal statt Überstunden
Viele Unternehmen, so vermutet Karl Schneeberger von der Arbeiterkammer, würden Überstunden bereits fix in ihre Personal-Planung einkalkulieren. Der Wille, statt Überstunden zu verordnen, zusätzliches Personal einzustellen, sei dagegen gering: „Es ist eigentlich nicht einsehbar, warum in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit so viele Überstunden gemacht werden. Es ist auch nicht sehr glaubwürdig, dass man überhaupt keine Arbeitskräfte findet.“
ORF
Etwas differenzierter sieht das der Arbeitspsychologe Wolfgang Kallus von der Uni Graz. Kurzfristig sei es seiner Ansicht nach sehr wohl schwer, zusätzliches Personal zu finden, „weil wir sehr viele hochausgebildete, hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten haben, die man nicht so leicht ersetzen kann.“ Anders sehe es aus, wenn sich langfristig abzeichne, dass die Arbeit für ein Team zu viel wird.
Soziales Umfeld gefährdet
In diesem Fall warnt Kallus vor durchaus schweren Folgen, die das regelmäßige Leisten von Überstunden haben kann und nennt als Beispiele etwa Konzentrationsschwäche, chronische Müdigkeit und ein erhöhtes Unfallrisiko. Zugleich würde auch das soziale Umfeld leiden, wenn man regelmäßig später aus dem Büro nach Hause kommt: „Es ist so, dass chronische Überstunden auch dem Menschen in seiner Zufriedenheit, aber auch dem sozialen Umfeld, der Familie, schaden. Das heißt mit chronischen Überstunden, die nicht intelligent gemanagt sind, richten wir durchwegs Schaden an.“
dpa/Oliver Berg
Sinnvolle Pausen empfohlen
Der Psychologe rät daher zu bewussten Regenerationsphasen - sowohl zwischen, als auch während den Arbeitstagen. Hier zieht der Psychologe einen Vergleich zum Sport: „Im Bereich des Leistungssports machen das die Trainer. Wenn wir wissen, dass es eine Phase gibt, wo intensive Leistung nicht zu vermeiden ist, dann wird die Regeneration intelligent geplant in dieser Phase. Es wird diese Phase vorbereitet, und es wird die Phase nachbereitet.“ Dieses bewusste Einplanen von Regenerationsphasen sei in der Arbeitswelt allerdings noch nicht üblich.
Die Leistungsfähigkeit kann aber auch durch Unzufriedenheit abnehmen. Hier könnten Arbeitgeber laut Kallus sehr wohl entgegenwirken: „Anerkennung, faire Behandlung, positives Klima, positive Motivation, das ist etwas, das in der Arbeitswelt eigentlich zum Muss wird. Wenn Arbeit nicht anerkannt wird, ist das ein typischer Burnout-Risikofaktor.“
Links:
- Arbeiterkammer Steiermark
- Institut für Arbeitspychologie (Universtität Graz)