Experte: Amok und Terror werden zunehmen

Sieben Monate nach der Grazer Amokfahrt war am Freitag Jens Hoffmann in Graz - er leitet das Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Bei seinem Vortrag zeichnete er ein beunruhigendes Szenario.

Aufsehenerregende Taten wie die Amokfahrt in Graz vom vergangenen Juni oder die Anschläge von Paris im November werden in Zukunft zwar nicht an der Tagesordnung stehen, aber auf jeden Fall zunehmen, ist Jens Hoffmann, der in den letzten Jahren zahlreiche Amokläufe und die Psyche der Amokläufer studierte, überzeugt: „Wenn wir es gesamt betrachten, dann leben wir immer noch in sehr sicheren Gesellschaften, aber diese expressiven, aufsehenerregenden Gewalttaten verunsichern uns sehr, und das ist auch das Ziel solcher Gewalttaten - Unsicherheit und Angst zu exportieren.“

Möglichst wenig beeindrucken lassen

Allerdings, so der Experte, sollte man sich von solchen Anschlägen möglichst wenig beeindrucken lassen, „dass wir sagen, wir lassen uns unser Leben nicht verbieten, das ist unsere Freiheit, das sind unsere Werte, die wir haben. Weil wenn wir uns alle zurückziehen, gewinnt der Terrorismus, und das wird das Phänomen eher verstärken denn abschwächen“.

So sei etwas das Meiden von Großveranstaltungen oder großen Menschenansammlungen der falsche Weg: Gerade solche Großveranstaltungen seien aufgrund der Polizeipräsenz besonders sicher. Gefordert ist viel mehr jeder Einzelne von uns, denn sehr viele Amokläufer oder spätere Terroristen hätten bereits vor ihren Taten gewisse Hinweise gegeben.

Aufmerksam sein

„Was wir bei terroristischen Anschlägen sehen, gerade von kleinen Gruppen, die nicht sehr gut organisiert sind, ist, dass die Täter häufig damit prahlen, dass sie Andeutungen machen, dass sie im Internet schreiben. Wenn ich solche Sachen mitbekomme, auch wenn ich den vielleicht kenne und der vielleicht ganz nett ist, dass ich zumindest mal nachfrage, aber wenn ich denke, da könnte mehr dahinter sein, dann noch auch mal zu den Behörden gehe, nicht im Sinne einer Denunziation, sondern eines genauen Hinschauens“, so Hoffmann.

Lob für Grazer Vorgehen nach Amokfahrt

Großes Lob gibt es von Hoffmann für die Verantwortlichen in Graz: Der Umgang mit den traumatisierten und geschockten Menschen unmittelbar nach der Amokfahrt sei höchst professionell gewesen - Hoffmann ist überzeugt, dass dadurch zusätzliches Leid verhindert werden konnte. „Wir wissen von solchen Traumata, die unverarbeitet sind, dass das Leute wirklich ihr Leben lang begleiten kann. Mir scheint es hier, von außen betrachtet, dass es wirklich sehr professionell, sehr gut und sehr umfangreich gemacht wurde, dass man da sicher sehr viele langfristige Traumatisierungen verhindern konnte“, so der deutsche Experte.

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