Erste Soziologie-Studie zu bäuerlichem Leben

Soziologen der Universität Graz beschäftigen sich mit dem Leben auf dem Bauernhof. Mit ihrer Studie zu den bäuerlichen Lebenswelten von heute beschreiten sie Neuland, denn erstmals wird dieser Bereich soziologisch untersucht.

Das Leben auf dem Land mit einem Häuschen im Grünen gilt vielen als wünschenswert. Vom echten Landleben auf einem Bauernhof wollen aber die wenigsten etwas wissen - trotz „Bauer sucht Frau“ und ähnlicher Fernseh-Formate, die seit Jahren Land-Idylle in unsere Wohnzimmer liefern. Wie schaut es aber wirklich aus auf unseren Bauernhöfen? Das wollen Soziologen der Universität Graz nun herausfinden.

Enorme Veränderungen

Nur ein bäuerlicher Großbetrieb kann heute noch rein von seinen Produkten leben, sagte der Soziologe Franz Höllinger vom Institut für Soziologie der Universität Graz. Höllinger leitet das Projekt „Bäuerliche Lebenswelten“, das sich erstmals mit den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Bauernstandes auseinandersetzt. Und mit den enormen Veränderungen, denen dieser Berufsstand seit Jahren ausgesetzt ist.

Rund 4.000 Bauern weniger pro Jahr

„Wir wissen, dass jedes Jahr etwa 4.000 Bauern aufhören, weil sei einfach sagen, es zahlt sich nicht mehr aus, wir können das nicht leisten. Es ist für Bauern und Bäuerinnen auch schwierig die Hofkontinuität zu sichern, weil einfach diese Lebensform für viele Leute heute einfach nicht mehr vorstellbar ist“, so Höllinger.

Überlebenswille oft ungebrochen

Dabei hätten die Untersuchungen gezeigt, dass es trotz teils großer existentieller Sorgen enormen Überlebenswillen und ebenso großes innovatives Potenzial gäbe, sagte der Wissenschaftler: „Wir waren wirklich überrascht, wie viel die sich einfallen lassen, um irgendwie ihre Lebenssituation zu verbessern und auch eine gute Lebenssituation zu haben.“

Zwischen Tradition und Auflockerung

Was das Zusammenleben auf dem Hof und die Arbeitsteilung betrifft, sei Vieles auf heimischen Höfen traditionell, so Höllinger - die Drei-Generationen-Familie etwa, das Zusammenleben von Altbauern, Jungbauern und Kindern. Gleichzeitig habe sich aber auch vieles geändert. Die Beziehung zwischen Alt und Jung sei lockerer, andererseits sei auf vielen Höfen die Nachfolge unklar und schwierig.

Frauen mit viel Verantwortung

Bei der Arbeitsaufteilung zwischen Bauern und Bäuerin sei ebenfalls Vieles traditionell, Vieles heute aber auch ganz anders aufgeteilt, sagte Höllinger. „Die Frauen übernehmen vor allem heute sehr, sehr häufig auch die Buchhaltung, die Schreibarbeiten, auch das Marketing. Wir haben auch festgestellt, dass in sehr, sehr vielen Fällen die Frauen auch am Konto zeichnungsberechtigt sind. Wir haben auch gefragt, wie es mit den wichtigen Entscheidungen aussieht, also es wurde uns zumindest gesagt, sie werden sehr, sehr häufig gemeinsam getroffen.“

Bis Ende des Jahres

Bis Ende des Jahres soll die Grazer Studie fertig sein, dann sollen die Ergebnisse von 250 Fragebögen und mehreren Dutzend Interviews mit bäuerlichen Familien auch in Buchform veröffentlicht werden.

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