Hofburg-Wahl: Von Freude bis „Katastrophe“

Die Bundespräsidentschaftswahl am Sonntag hat in der politischen Landschaft Österreichs für ein Erdbeben gesorgt - dementsprechend unterschiedlich die Reaktionen: Sie reichen von großer Freude bis zu Katastrophenstimmung.

Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam Norbert Hofer österreichweit auf 35,1 Prozent der Stimmen - mehr dazu in Briefwähler brachten noch Verschiebungen (news.ORF.at). In der Stichwahl am 22. Mai wird Hofer daher gegen Alexander Van der Bellen antreten. Dieser erreichte 21,3 Prozent, Irmgard Griss 18,9 Prozent. Abgeschlagen die beiden Kandidaten der Regierungsparteien: Andreas Khol (SPÖ) kommt ebenso wie Rudolf Hundstorfer auf rund elf Prozent. Richard Lugner erhielt 2,3 Prozent.

Ergebnis der Hofburg-Wahl

ORF.at

In der Steiermark waren am Sonntag exakt 969.480 Menschen wahlberechtigt: Hier kam Norbert Hofer auf 38,8 Prozent, Irmard Griss belegte mit 21,8 Prozent Platz zwei, deutlich vor Alexander Van der Bellen (17,3 Prozent). Khol und Hundstorfer erreichten beide jeweils rund zehn Prozent, Lugner kommt auf 2,1 Prozent - mehr dazu in Hofburg-Wahl: Hofer in der Steiermark klar vorne und in Hofburg-Wahl: Wer hat wen warum gewählt?.

Gesprächsrunde der Kandidaten

In der Hofburg geben die Kandidaten ihre Stellungnahmen zum Wahlausgang ab.

Kunasek: „Alles hat gepasst“

Nach Bekanntgabe der ersten Zahlen brandete im Freiheitlichen Landtagsclub Jubelstimmung auf. Landesparteichef Mario Kunasek sagte in einer ersten Reaktion: „Ich glaube, dass wir mit Norbert Hofer den besten Kandidaten gehabt haben: Jemand, der sehr ruhig, sehr besonnen die Themen transportiert hat. Und ja, wir haben natürlich als Freiheitliche Partei gerade hier in der Steiermark schon bei den letzten Wahlen erlebt, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Alles hat gepasst.“

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Mario Kunasek im Gespräch mit ORF-Steiermark-Redakteur Rainer Liebich

Auf die Stichwahl gegen Alexander Van der Bellen angesprochen, sagte Kunasek: „Wir gehen davon aus, dass unsere Chancen sehr gut stehen. Norbert Hofer hat seine Stärken bewiesen, nun gilt es, sie noch weiter hervorzukehren - und da bin ich ziemlich zuversichtlich, dass wir ein tolles blaues Ergebnis haben können.“

Schönleitner: „Betroffenheit über Stärke der FPÖ“

In den Umfragen lag Alexander Van der Bellen noch klar voran - dass er nun doch recht deutlich auf Platz zwei liegt, sorgt bei den Grünen und ihrem Landessprecher Lambert Schönleitner für Betroffenheit: „Ich gebe ganz offen zu, dass die Stärke der FPÖ uns nachdenklich stimmt, dass es Betroffenheit gibt über diese Stärke. Aber es ist unsere Hoffnung, dass Alexander Van der Bellen auch die Hoffnung des Landes, die Hoffnung Österreichs ist – und dass wir eine Politik des Zusammenhalts in Zukunft prägen können. Ich glaube, dass sich das Ergebnis generell auf die Politik in Österreich und auch die steirische auswirken wird - die Menschen wollen hoffnungsvolle, neue Politik.“

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Lambert Schönleitner im Gespräch mit ORF-Steiermark-Redakteurin Angelika Offner

Schönleitner freut sich allerdings darüber, dass Alexander Van der Bellen in der Stichwahl steht: „Das ist eine Riesenfreude für uns. Jetzt geht es darum, die Allianz für den Zusammenhalt zu schmieden. Wir werden alle einladen, Van der Bellens Wahlbewegung zu unterstützen. Wir werden bis zum Schluss engagiert laufen, da gibt’s keine Durchhänger. Wir werden arbeiten, wir werden die Argumente auf den Tisch legen.“

Schützenhöfer: „Allerletztes Warnsignal“

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sagte, es sei leider eingetreten, was alle erwartet hätten, nämlich dass es kein Vertreter der Regierungsparteien in die Stichwahl schaffen werde - für ÖVP und SPÖ sei dies ein „allerletztes Alarmsignal“. Das Ergebnis habe mit der allgemeinen Stimmungslage zu tun, diese sei einfach gegen die Regierung gerichtet. Die Bundesregierung müsse nun einen „Bauchaufschwung hinlegen, der öffentliche Streit muss ein Ende haben“. Es müsse Lösungskompetenz in den Bereichen Pensionen, Jobschaffung, Bildung gezeigt werden, „dies ist nun die allerletzte Chance“.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Reaktionen der steirischen Parteispitzen

ORF-Steiermark-Chefredakteur Gerhard Koch im Gespräch mit den steirischen Parteispitzen

Seiner Ansicht nach habe das Asylthema eine Hauptrolle gespielt, nur eine entschlossene und zugleich auch besonnene Politik löse hier die Probleme. Was die Stichwahl angehe, so denke er, dass es keine dezidierte Empfehlung seiner Partei geben werde - mehr dazu in Hofburg-Wahl: Wundenlecken bei SPÖ und ÖVP.

Ähnlich auch Landesrat Christopher Drexler (ÖVP): „Ich glaube, es sind alle sehr überrascht über die Dimension des Erfolgs von Norbert Hofer. Obwohl es natürlich Persönlichkeitswahlen sind, gilt es auch, Rückschlüsse zu ziehen. Ich glaube, dass eine Bundesregierung nach einem solchen Tag nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann. Die Regierung sollte zu regieren beginnen, sich nicht damit beschäftigen, einander auszurichten, sondern gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Ich denke, das ist die einzige Überlebenschance für diese Bundesregierung."

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Christopher Drexler im Gespräch mit ORF-Steiermark-Redakteur Michael Pendl

Nagl: „Unter Wert geschlagen“

In Graz erreichte der ÖVP-Kandidat Andreas Khol vor Wahlkarten nur knapp sechs Prozent und belegte damit nur Platz fünf - mehr dazu in Hofburg-Wahl: Van der Bellen holt Graz.

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) will die Schuld aber nicht am Kandidaten festmachen: "Andreas Khol hat einen schlechten Start gehabt, ganz schlechte Rahmenbedingungen. Ich glaube, er ist unter seinem Wert geschlagen worden. Die Österreicher haben den Wunsch nach einem jüngeren, unabhängigen Kandidaten, das sollte man auch innerhalb der politischen Parteien, der SPÖ und ÖVP, innerhalb aller Parteien bedenken. Die Menschen haben das Gefühl, wenn wir nicht bald einmal den Motor anwerfen, dann wird Österreich zurückbleiben. Deswegen hoffe ich, dass die Bundesparteien das Ergebnis ernst nehmen und nicht morgen wieder weiterstreiten, sondern einfach einmal zeigen, was sie können. Es gebe genügend Persönlichkeiten, die viel draufhaben. Ich hoffe, es wird bald passieren.“

Schickhofer: „Absolut katastrophal“

Noch größer ist die Betroffenheit bei der steirischen SPÖ ob des Abschneidens von Rudolf Hundstorfer: „Das Ergebnis ist absolut katastrophal. Keiner kann hier zur Tagesordnung übergehen. Als jüngster Parteivorsitzender in der SPÖ ist für mich klar, dass sich jetzt anständig was ändern muss. Am Bundesparteitag im Herbst brauchen wir einen grundlegenden Neustart. Die Sozialdemokratie muss ab sofort einen tiefgreifenden Veränderungsprozess einleiten", so der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Michael Schickhofer im Gespräch mit ORF-Steiermark-Redakteur Günter Encic

„Tiefgreifendes Problem der Regierungspolitik“

SPÖ-Landesgeschäftsführer Max Lercher sieht ein "tiefgreifendes Problem der Regierungspolitik. Da muss man als aufrechter Roter hinschauen“ - und Lercher sieht vor: „Der Verteilungskampf, den es abseits einer Inländer-Ausländer-Diskussion gibt, der gehört von uns geführt, und der Arbeitskampf, der stattfindet, der gehört von uns angesprochen. Sozialdemokratie muss wieder dafür stehen, dass die Armut abgeschafft wird, und dass wir dort stehen, dass sich niemand sorgen braucht.“ - mehr dazu in Schwarz-rote Zukunftssorgen nach Niederlage.

Links: