Tschernobyl: Belastung noch messbar

Vor 30 Jahren ist es im damals Atomkraftwerk Tschernobyl zum Super-GAU gekommen. In der Steiermark liegt die Belastung teilweise auch heute noch über dem Grenzwert - Auswirkungen auf die Gesundheit hat das aber nicht mehr.

„Atomkatastrophe bei Kiew, ein Reaktor brennt, bisher noch keine Klarheit über die Art des Unfalls“: So berichtete der ORF in der „Zeit im Bild 1“ am 29. April 1986 erstmals über den Super-GAU in Tschernobyl - wie alle westlichen Medien wurde der erste Bericht erst mit dreitägiger Verzögerung gesendet. Denn die Sowjetführung hatte versucht, die Explosion und folgende Kernschmelze in dem AKW so lange wie möglich zu verheimlichen. In den folgenden Tagen war dann alles Tschernobyl - und das (mediale) Bangen wegen der Folgen für Österreich begann - mehr dazu in Katastrophe auf Raten (news.ORF.at).

Archivbilder: Tschernobyl 1986

ORF

Zunächst habe man mit dem Thema Radioaktvität damals nicht viel anfangen können, so Ewald Plantosar - er ist heute Strahlenschutzbeauftragter des Landes Steiermark.

„Erstklassiges Notfallmanagement“

Vor 30 Jahren gab es keinen Notfallplan, Maßnahmen mussten kurzfristig entwickelt werden: Das Land verbot etwa, Kühen, Schafen und Ziegen frisches Grünfutter zu geben, Schulen sperrten zu, Kinder sollten nicht in Sandkisten spielen, Jungmütter ihre Kinder nicht stillen. „Ich muss sagen, im Nachhinein, 30 Jahre später, wo man lange Zeit gehabt hat, das zu optimieren, Pläne zu entwickeln, glaube ich, war das Notfallmanagement wirklich erstklassig“, so Plantosar.

Böden noch immer belastet

Über radioaktive Luftmassen wurden Cäsium 137 und Cäsium 134 sowie Jod 131 nach Österreich transportiert. Die größere Gefahr sei das Jod gewesen, das direkt in die Schilddrüse geht, so der Strahlenschutzbeauftragte - speziell für Kinder: „Die Karten, die man heute anschaut, sind bezogen auf Cäsium, das Jod ist da nicht dabei. Wenn man die Karten vergleich von vor 30 Jahre und heute vergleicht, sieht man, dass nur noch die Hälfte vom Cäsium da ist, weil Cäsium auch zufälligerweise 30 Jahre Halbwertszeit hat, das heißt nur noch die Hälfte der ursprünglichen Menge ist da“, etwa in der Südsteiermark, im Koralmgebiet und der Weinebene, oder in der Obersteiermark, in den Schladminger Tauern oder auf der Planneralm - mehr dazu in Nachwirkungen von Tschernobyl (news.ORF.at).

Mittlerweile völlig unbedenklich

Auch gibt es noch regelmäßig Messungen, so Plantosar: „Die Ergebnisse weisen nach, dass das, was man im Handel kauft, völlig unbedenklich ist, also das ist quasi nicht mehr messbar. Was natürlich messbar ist, wenn ich in der Gegend Schwammerl suchen gehe und ein Wildschwein schieße und mir das Fleisch anschaue, dann kann ich noch entsprechende Cäsiumwerte nachweisen, die eventuell auch über dem Grenzwert sind. Das würde mich aber nicht davon abhalten, einen Wildschweinbraten mit Schwammerlsauce zu essen - bei Ab-und-zu-Verzehr macht das überhaupt nichts aus, von einer Gesundheitsgefährdung kann heute nicht mehr gesprochen werden.“

Generell sei die natürliche Radioaktivität aus dem Boden belastender als das restliche Cäsium von vor 30 Jahren: „Wir leben ja jeden Tag mit Radioaktivät, das heißt, die Erde gibt Radioaktivität ab, Baustoffe aus dem Kosmos... die natürliche Radioaktivität macht für den Steirer viel mehr an Belastung aus, wie das, was heute noch im Boden drinnen ist“, sagt der Strahlunschutzbeauftragte des Landes Steiermark, Ewald Plantosar.