Experte: IS-Urteil bringt kaum Abschreckung

Der österreichische Politologe und Jihadismus-Forscher Thomas Schmidinger spricht nach dem Urteil gegen einen islamischen Prediger in Graz zwar von einer strengen Entscheidung. Eine echte Abschreckung sei es aber nicht.

20 Jahre Haft hat ein islamischer Prediger, der als Schlüsselfigur der Dschihadisten-Szene galt, Donnerstagnacht am Grazer Straflandesgericht ausgefasst - mehr dazu in IS-Prozess: 20 Jahre Haft für Prediger.

Überzeugungstäter nicht abgeschreckt

Der österreichische Politologe und Jihadismus-Forscher Thomas Schmidinger spricht im europäischen Vergleich von einem eher strengeren Urteil. Abschreckungswirkung habe es aber nur teilweise, sagt Schmidinger: „Dieses Urteil wirkt vielleicht auf Jugendliche und junge Erwachsene, die am Beginn einer Radikalisierung sind, abschreckend. Es wird sicher nicht Überzeugungstäter abschrecken. Für die ist der Staat an sich ein Feind und das beweist damit nur einmal mehr, dass er gegen das, was sie für den Islam halten, gerichtet ist.“

Radikalisierung „passiert überall“

Bedenken, dass die Betroffenen die Radikalisierung in der Haftantalt fortführen, hat Schmidinger nicht zwangsweise. Seiner Ansicht nach passiert Radikalisierung zwar auch dort, aber nicht nur: „Radikalisierung passiert überall dort, wo Menschen aufeinander treffen und wo vulnerable Gruppen sind, die angesprochen werden können von dschihadistischen Agitatoren. Das ist im Kampfsportverein, das ist im Jugendzentrum, das ist auf der Straße, teilweise sogar in der Schule und natürlich auch in Haft.“

„Mit Personen in Haft arbeiten“

Sehr wohl sieht Schmidinger Handlungsbedarf, was den Umgang mit verurteilten Dschihadisten in der Haft betrifft: „Man kann Menschen nicht nur auf Grund dieses Delikts in Einzelhaft nehmen, das würde schwere menschenrechtliche Probleme mit sich bringen. Da muss man sich überlegen, wie man mit den Personen in der Haftanstalt arbeitet.“ Und das gehe laut Schmidinger weit über ein paar Gespräche hinaus. Überzeugte seien überhaupt nur schwer zu deradikalisieren.