Münchner Amoklauf: Psychologe zu Strickmuster

Angesichts des Amoklaufs von München fordert der Grazer Psychologe Philip Streit ein genaues Hinschauen. Ob Amoklauf oder IS-Terror - es gäbe ein gemeinsames Strickmuster, so Streit. Die Gesellschaft müsse reagieren.

Ein Jahr lang soll der Amokläufer von München seine Tat geplant haben. Das gaben das Landeskriminalamt Bayern sowie die Staatsanwaltschaft München im Rahmen einer Pressekonferenz am Sonntag bekannt. Aufschluss über die Tat könnte ein vom 18-Jährigen selbst verfasstes „Manifest“ geben - mehr dazu in Münchner Amoklauf ein Jahr lang geplant.

Schild "Warum?" und Blume vor dem abgesperrten Zugang zur U-Bahnstation Olympia-Einkaufszentrum in München

APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

„Fast klassischer Fall“

Der Münchner Amoklauf, so der Grazer Jugendpsychologe Philip Streit, sei fast ein klassischer Fall, „der übermorgen an der nächsten Grazer Straßenecke auch pasieren lann.“ Beim Münchner Amoklauf gäbe es nämlich deutliche Hinweise auf Parallelen mit vielen Gewalttaten der jüngsten Vergangenheit, häufig verübt von jungen Männern mit Migrationshintergrund, deren Bedürfnis nach Selbstbestätigung und Erfolg offenbar nie in Erfüllung gegangen ist.

Schmerz des sich ausgeschlossen-Fühlens

„Im Inneren, in der Psyche des jungen Menschen passiert folgendes: Dadurch, dass er nicht ganz in der Mitte der Gesellschaft ist, fühlt er sich ausgeschlossen. Das erzeugt sozialen Schmerz, der macht genauso wie körperlicher Schmerz Aggression - man will wieder zurück hinein. Dann beginnen diese Menschen Auswege zu suchen, wo sie wichtig und bedeutend sind und kommen auf diese Amok-Szenarien.“

Philip Streit

ORF

Rückhalt, Geborgenheit und Anerkennung fehlen

Je nach Persönlichkeit können die aufgestauten Frustrationen in der Aggression eines Amoklaufs münden oder auch beim IS, so Streit: „Das Strickmuster ist das gleiche - kein Rückhalt, keine Geborgenheit, keine Anerkennung. Am Rande der Gesellschaft nicht erkannt, so kann man das beschreiben.“

Bildung und Begegnung

Der Grazer Psychologe sagte, die Gesellschaft dürfe nicht wegschauen. Streit: „Das Wichtigste gegen Amok und Terror sind Begegnung und Bildung. Auch bei uns müsste mehr passieren. Dagegen haben wir nur eine Chance durch Begegnung - aufeinandner zugehen und einander unterstützen - und Bildung. Wir haben es in uns, das zu machen, weil wir alle gebildete Kulturmenschen sind - wir müssen es nur tun.“