Das war Tag sieben im Amokfahrerprozess

Mit den noch ausstehenden Gutachten ist am Mittwoch der Grazer Amokfahrerprozess fortgesetzt worden. Dabei hielt der eine Gutachter - Manfred Walzl - den 27-Jährigen für zurechnungsfähig, der andere - Jürgen Müller - nicht.

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Steiermark.ORF.at berichtete via Liveticker direkt aus dem Gerichtssaal: Das war Tag sieben im Grazer Amokfahrerprozess

Der psychiatrische Sachverständige Müller zeigte sich sowohl in seinem Gutachten als auch in seiner Aussage am Donnerstag davon überzeugt, dass der Betroffene seine Symptome nicht vorgespielt habe: „Es gibt Dinge, die sind für ihn unkorrigierbar. Er integriert sie in seinen Alltag, das nennt man Wahnarbeit.“ „Schließen Sie kategorisch aus, dass er lügt?“, fragte der Richter nach. „In den wahnhaften Punkten ja. Er hat ein konsistentes Wahngebäude geboten“, führte der Sachverständige aus, der aber einräumte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass er mehr weiß, als er sagt.“

Der Konsum von Cannabis sei für schizophrene Menschen ein typisches Verhalten, so Müller weiter: Das könne einerseits beruhigend wirken, aber auch aggressiver machen, was laut den Schilderungen der Ex-Frau bei dem Amokfahrer der Fall gewesen sein dürfte.

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Was ist wahr, was ist Wahn?

„Wenn jemand auf die Motorhaube fällt, macht das einen unglaublichen Kracher, wacht man da nicht aus dem Wahn auf?“, wollte eine Geschworene wissen. „Nein, im Gegenteil, das war eben das aktuelle Wahngeschehen“, antwortete Müller. „Gutachter halten alles für wahr, was der Betroffene sagt. Wenn wir das immer glauben würden, hätten wir zu 90 Prozent Freisprüche“, warf der Richter ein.

„Kombinierte Persönlichkeitsstörung“

Am Nachmittag war dann der dritte psychiatrische Gutachter am Wort - Manfred Walzl, der von Anfang an dem Amokfahrer zum Tatzeitpunkt Zurechnungsfähigkeit bescheinigte: Es gebe nach seiner Meinung keine Hinweise auf Schizophrenie, der Betroffene leide hingegen an einer „kombinierten Persönlichkeitsstörung. Er ist zwanghaft, abhängig, negativistisch, eigensinnig, dissozial.“

Anders als bei Schizophrenen, die zeitweise nicht zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden können, wird in diesem Fall „der Wahn als Rechtfertigung der Tat im Nachhinein angegeben“. Bei dem Grazer Amokfahrer liege eine „geistige und seelische Abartigkeit höheren Grades“ vor, außerdem eine Störung durch Cannabinoide.

„Er wusste, was er tat“

Die Amokfahrt stufte Walzl als „Ventil für seine Rachegedanken“ ein: Der Mann habe einen „Hass und Groll auf die Gesellschaft“ empfunden, gleichzeitig trieb ihn der „Wunsch, Berühmtheit durch diese Tat zu erlangen“. Auslöser seien „hohe Gekränktheit und individuelle Unzufriedenheit“ gewesen. Dass die Zurechnungsfähigkeit möglicherweise vermindert war, wollte der Sachverständige nicht ausschließen, „aber sie ist sicher nicht aufgehoben worden“: „Ich gehe davon aus, dass er wusste, was er tat, dass er diese Tat auch wollte“, so Walzl.